Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPT DAS=04.04.2002 Internet-Erstausgabe, Änderungen 24.06.2012
    Impressum: Diplom-Psychologe Dr. phil. Rudolf Sponsel  Stubenlohstr. 20  D-91052 Erlangen
    Mail: sekretariat@sgipt.org_Zitierung  &  Copyright


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    Herzlich willkommen in unserer Abteilung Kuriosa, Merkwürdiges, Seltsames, Ungewöhnliches, Paradoxes, Unglaubliches, Welt der Wunder I und Wunder II:

    Halbwissen ist oft mehr wert
    Relativität von Intelligenz, Bildung, Ausbildung und Kompetenz
     Seltames, Überraschendes, Paradoxes rund um die Wissenschaft

    Mitgeteilt mit einem Kommentar von Rudolf Sponsel, Erlangen
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    • Einführung in das Problem- und Forschungsfeld.
    • Erscheinungen, Belege und Gegenbelege:
      • Halbwissen ist oft mehr wert - Forschungsergebnisse von Gigerenzer & Todd.
      • Staatsverschuldung: Je g'scheiter, desto dümmer?.
      • Die hemmungslose Ausbeutung der Ressourcen dieser Erde kann nicht gut gehen.
    • Die Warnung Paul Feyerabends vor Fachleuten.
    • Das Vorherrschen der Wissenschaften bedroht die Demokratie, eine Warnung Paul Feyerabends.
      • Kommentar aus integraiv-psychologisch-psychotherapeutischer Sicht.
    • Warum sich Dumme für gescheit halten: Selbstvertrauen unabhängig von Begabung und Kompetenzen?.
    • Aus der Geschichte der Wissenschaftskritik.




    Einführung in das Problem- und Forschungsfeld
    Die übliche ("main stream") Meinung ist, dass intelligentere und aus/gebildetere Menschen fähiger sind, Probleme zu erkennen und zu lösen. Diese allgemeine Meinung wird in dieser Arbeit in Frage gestellt. Zur genaueren Untersuchung ist es zunächst einmal notwendig, Material, Belege und Dokumente zu sammeln. Der nächst Schritt ist dann ein Brainstorming, wie man diese Frage systematisch, empirisch-experimentell untersuchen könnte.



    Erscheinungen, Belege und Gegenbelege.

    Halbwissen ist oft mehr wert
    Wer entsprechende, diese stützende Forschungsergebnisse kennt, möge sie uns bitte mitteilen. Danke.


    Staatsverschuldung: Je g'scheiter, desto dümmer ?
    Man kann sagen und beobachten, dass einfache Menschen überhaupt kein Problem damit haben, zu erkennen, dass man auf Dauer nicht mehr ausgeben kann als man einnimmt. Das gilt im Prinzip für die normale Haus-, aber auch weitgehend für die Privatwirtschaft. Wer mit Geld nicht verantwortlich umgegehen kann, landet in der Insolvenz oder bei der Betreuung und Entmündigung.

    Die hemmungslose Ausbeutung der Ressourcen dieser Erde kann nicht gut gehen.
    Öl, Gas,  Bodenschätze und Erze, Landschaften und Wälder, Wasser und Trinkwasser, Sauerstoff und Klima haben sich auf dieser Erde in Millionen von Jahren entwickelt. Seit der naturwissenschaftlich-technischen und der industriellen Revolution, also seit nur gut 200 Jahren werden die in Millionen Jahren herangereiften Ressorcen rücksichtslos abgebaut und ausgeplündert, so dass sich jeder halbwegs vernünftige Mensch an den Kopf langt und sagt: das kann nicht gut gehen und das ist nicht nur nicht gut, das ist eine neue Form allgemeinen Irrsinns, genauer maniformer Wachstumswut.


    Die Warnung Paul Feyerabends vor Fachleuten
     
    Feyerabend, Paul (dt. 1980). Erkenntnis für frei Menschen. Frankfurt: Suhrkamp.
     

    Werk-Biographie Paul Feyerabend (1924-1994):
    https://plato.stanford.edu/entries/feyerabend/

    Philosophenlexikon: https://www.philosophenlexikon.de/feyerab.htm

    Bildquelle:
     

    "Fachleute sind voll von Vorurteilen, man kann ihnen nicht trauen und muß ihre Empfehlungen genau untersuchen

    Beginnen wir mit der Bemerkung, daß Fachleute oft verschiedene Meinungen haben und zu verschiedenen Ergebnissen kommen, und zwar sowohl in grundlegenden Dingen als auch in Fragen der Anwendung. Wer erinnert sich nicht an zumindest einen Fall in seiner Familie, wo ein Arzt eine Operation vorschlug, ein zweiter sich gegen die Operation wandte, während ein dritter ganz andere Ideen hatte. Wer hat nicht die Debatten über nukleare Sicherheit, Ökonomie, die Wirksamkeit (oder Schädlichkeit) von Insektenmitteln, Erziehungsmethoden, den Einfluß der Rasse auf die Intelligenz, die Brauchbarkeit von Intelligenztests und dergleichen mehr verfolgt? Da finden wir zwei, drei, fünf verschiedene Meinungen und wissenschaftliche Verteidiger für jede einzelne von ihnen. Gelegentlich fühlt man sich fast geneigt zu sagen: so viele Wissenschaftler, so viele Meinungen. Es gibt natürlich Gebiete, in denen die Wissenschaftler alle einer Ansicht sind. Das kann aber unser Vertrauen nicht erhöhen. Einmütigkeit unter Wissenschaftlern ist oft das Ergebnis einer politischen Entscheidung: Abweichler werden unterdrückt, oder sie schweigen, um das Ansehen der Wissenschaften als einer Quelle vertrauenswürdiger und fast unfehlbarer Kenntnisse nicht zu kompromittieren. Dann wieder ist die Einheit des Urteils ein Ergebnis gemeinsamer Vorurteile: man macht gewisse grundlegende Annahmen, ohne sie genauer zu untersuchen, und trägt sie mit derselben Autorität vor, die sonst nur der Detailforschung zukommt. Die Wissenschaften sind voll von Annahmen oder, besser gesagt, Gerüchten dieser Art. Die Einstellung zur Astrologie, die ich in Kapitel 6 beschreiben werde, ist ein Beispiel.

    Oft zeigt Einmütigkeit eine Verminderung der Kritik: die Kritik verliert an Stoßkraft, wenn sie nur einen Standpunkt benützt (vgl. AM, Kap. 3, 4). Das ist auch der Grund, warum das Konzentrieren auf einige wenige Prinzipien unsere Erkenntnis so oft in die Irre führt.

    Solche Irrtümer können von Laien und Dilettanten entdeckt werden, und sie sind oft von ihnen entdeckt worden. Erfinder bauten 'unmögliche' Maschinen und machten 'unmögliche' Entdeckungen. Die Wissenschaften wurden von Außenseitern oder von Wissenschaftlern mit einem ungewöhnlichen Hintergrund vorangetrieben. Einstein, Bohr, Born waren Dilettanten und haben das mehrfach gesagt. Schliemann, der die Idee widerlegte, daß Mythen und Legenden keinen Tatsachengehalt haben, begann als ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann, Alexander Marshack, der die Idee widerlegte, daß der Steinzeitmensch keine komplizierten Gedanken denken konnte, als ein Journalist, Robert Ardrey war ein Stückeschreiber und studierte Anthropologie wegen seines Glaubens an die enge Beziehung zwischen Wissenschaft und Dichtkunst, Kolumbus hatte keine Universitätserziehung und lernte Latein sehr spät in seinem Leben, Robert Mayer kannte nur die gröbsten Umrisse der Physik des frühen 19. Jahrhunderts, die Chinesischen Kommunisten der Fünfzigerjahre, die die traditionelle Medizin wieder in die Universitäten einführten und auf diese Weise sehr interessante Entwicklungen in der ganzen Welt verursachten, wußten nur wenig von den vielen schwierigen Einzelheiten der modernen wissenschaftlichen Medizin. Wie ist das möglich? Wie ist es möglich, daß unwissende und schlecht informierte Menschen gelegentlich mehr zustandebringen als ein Fachmann, der einen Gegenstand gründlich und von vielen Seiten her untersucht hat? Das ist die Frage, die wir beantworten müssen, um zu einer richtigen Einschätzung der Natur unserer Erkenntnis zu kommen."

    (Weiterlesen empfohlen ...)


    Und die Warnung Paul Feyerabends:

    "Das Vorherrschen der Wissenschaften bedroht die Demokratie

    Diese Symbiose zwischen dem Staat und einer unerforschten Wissenschaft führt zu einem interessanten Problem für Intellektuelle und ganz besonders für Liberale.

    Liberale Intellektuelle waren immer an der Vorfront des Kampfes für Demokratie und Freiheit. Laut und eindringlich verkündigen und verteidigen sie die Freiheit des Denkens, Redens, der Religion und, gelegentlich, ziemlich verrückter politischer Handlungen.

    Liberale Intellektuelle sind auch 'Rationalisten'. Und sie halten den Rationalismus (der für viele von ihnen mit den Wissenschaften zusammenfällt) nicht für eine Ansicht unter vielen, sondern für die Grundlage der Gesellschaft und selbst der Freiheit. Das heißt aber, daß sie eine besondere Vorstellung von der Freiheit haben, und daß auch diese Vorstellung für sie nur unter einschränkenden Bedingungen verwirklicht werden kann.

    Liberale haben diese Einschränkungen und die damit verbundene Mißachtung und Entwertung anderer Gesellschaftsformen nur selten bemerkt. Ein wichtiger Grund für ihre Blindheit ist der Umstand, daß sie vor allem an die Freiheit des Individuums denken, diese aber im Rahmen ihrer gewohnten wissenschaftlich-rationalistischen Ideen untersuchen. Der individuelle Bürger soll denken, schreiben, lernen, lehren, verbreiten können, was er will; er soll weder durch rohe Gewalt noch durch Hunger oder Ahnungslosigkeit, noch durch subtiler wirkende Kräfte, wie die Kräfte einer einseitigen Erziehung, an der Ausübung dieser Freiheiten gehindert werden - aber die Umstände, unter denen er seine Freiheit ausübt, und die Mittel, die ihren Umfang und ihre Grenzen feststellen, sind die einer rational-wissenschaftlichen Weltanschauung."

    (Weiterlesen empfohlen ...)


    Kommentar

    Das Manifest der GIPT hat ein klares Bild, wie es in einer echten und nicht schein- demokratischen Gesellschaft zugehen sollte:

    "Unser Menschenbild ist realistisch: der Mensch ist zum Guten wie zum Schlechten befähigt und wir PsychotherapeutInnen natürlich auch. In guten Gesellschaften paßt daher am besten jeder auf jeden auf; dies umso mehr, je mehr Macht jemand hat, denn die Macht ist gefährlich und wir alle sind anfällig. Supervision ist uns daher wie Fortbildung ein Lebensprinzip."

    (Vollständiger Text empfohlen)

    Das Arbeitskonzept der meisten PsychotherapeutInnen beruht auf einem partnerschaftlichen Verhältnis zu den PatientInnen. Vielleicht ist das Grund für vielfache Psychotherapieerfolge: Die partnerschaftliche Verbindung und wechselseitige evaluative Kontrolle zwischen Fachwissen (TherapeutIn) und dem nicht minder wichtigen  individuellem Lebenswissen (PatientIn). Nur gemeinsam sind wir sozusagen stark.

    (Ideen hierzu: mailen Sie)



    Selbstvertrauen unabhängig von Begabung und Kompetenzen ?

    "Selbsteinschätzung - warum sich Dumme für gescheit halten
    DUNNING/ KRUGER66 stellten fest, dass die Fähigkeiten, die Kompetenz ausmachen, dieselben sind, die auch die Grenzen der eigencn Fähigkeiten erkennen lassen.
    Probanden mit den schlechtesten Sprachkenntnissen und den geringsten Erfolgen bei logischen Aufgabenstellungen zeigten das größte Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Die Testpersonen mit den besten Ergebnissen schätzten die eigenen Fähigkeiten im Allgemeinen am niedrigsten ein.
    Möglicherweise ist ihnen bewusst, dass mit zunehmendem Wissen auch der Grenzbereich zu dem Bereich, den wir nicht wissen zunehmend größer wird.

    66 Journal of Personality and Social Psychology, Bd. 77, 1999, S. 1121 und in SZ, 25, 2000, V2/ 11"

    Sekundärequelle: Jörg Walter "Die Handicap-Gesellschaft"



    Aus der Geschichte der Wissenschaftskritik
    Die Wissenschaft gilt von Haus aus als (selbstl-) kritisch, so dass man fragen kann, was eigentlich der Terminus Wissenschaftskritik für einen Sinn oder eine Berechtigung haben soll? Im Grunde sollte  man vielleicht zwei Hauptbereiche unterscheiden: (1) interne Wissenschaftskritik (sozusagen auf dem letztlich gemeinsamen Boden der Wissenschaft); (2) externe Wissenschaftskritik (Esoterik, Religion, Weltanschauung, alltägliche Meinungen und Vorurteile).
        Agrippa, Cusanus, Erasmus und Petrarca wurden von Cheneval in der Sendereihe STERSTUNDE PHILOSOPHIE des sf, die am Sonntagmorgen auch in 3sat ausgestrahlt wird, anlässlich des 300. Geburtstages von Rousseau gebracht (ungefähr bei 5.45 min).
     
    • Agrippa von Nettesheim (dt. 1534). Ungewissheit und Eitelkeit aller Künste und Wissenschaften – auch wie selbige dem menschlichen Geschlecht mehr schädlich als nutzlich sind. [Zeno.org]
    • Nikolaus von Kues - Cusanus (1440). Die belehrte Unwissenheit. De docta ignorantia. Drei Bücher. hrsg. Karl Bormann (2002). Hamburg: Meiner. ["Alle Forschung besteht also im Setzen von Beziehungen und Vergleichen, mag dies einmal leichter, ein andermal [>8] schwerer sein. Das Unendliche als Unendliches ist deshalb unerkennbar, da es sich aller Vergleichbarkeit entzieht.").
    • Erasmus von Rotterdam (1510). Lon der Torheit (Encomium moriae).
    • Petrarca, Francesco (1367). Über seine und vieler anderer Unwissenheit. /De sui ipsius et multorum ignorantia). Lat.-dt. Übers. v. Klaus Kubusch, hrsg. v. August Buck. Meiner, Hamburg 1995.
    • Rousseau, Henri (1750). Abhandlung über die Wissenschaften und Künste, dt. 2012 Stutgart: Reclam.  [GP]  [TW 24.6.12:Rousseaus Kritik am Wissenschaftsfortschritt]
     


    Literatur (Auswahl)
    > Brain storming, Denken, Kognitive Funktionen, Kreativität, Literaturliste und Probleme 2. Ordnung.



    Links (Auswahl: beachte)



    Glossar, Anmerkungen und Endnoten:
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    1) GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
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    Querverweise
    Standort: Halbwissen
    Überblick Kuriosa, Merkwürdiges, Seltsames, ...
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    Eine Einführung in das skeptische Denken. Ein Buchhinweis mit Leseproben.
    Seltsames, Kurioses, Kniffliches, Schwarzhumoriges zu Beweis und beweisen. Aporien, Paradoxa, Widersprüchliches.
    Beweis und beweisen in Metaphysik, Esoterik und Grenzwissenschaften.
    Beweis und beweisen in Rhetorik, Sophistik und Rabulistik.
    * Überblick Wissenschaft * Welten*
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    Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site:www.sgipt.org
    z.B. Kurisoes Seltsames site:www.sgipt.org. 
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    Dienstleistungs-Info.
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    Zitierung
    Sponsel, Rudolf (DAS). Halbwissen ist oft mehr wert. Relativität von Intelligenz, Bildung, Ausbildung und Kompetenz
     Seltames, Überraschendes, Paradoxes rund um die Wissenschaft. U.a. die Forschungsergebnisse von Gigerenzer und Todd und die Warnung Paul Feyerabends vor Fachleuten und der Wissenschaft u.a.. IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/kritik/kuriosa/halbwis.htm
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    kontrolliert:



    Änderungen wird gelegentlich überarbeitet, ergänzt und vertieft * Anregungen und Kritik willkommen
    24.06.12    Aus der Geschichte der Wissenschaftskritik.
    24.01.07    Überarbeitung, Eränzung, Umstrukturierung.