Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
IP-GIPT DAS=11.06.2001 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung 12.4.8
Impressum: Diplom-PsychologInnen Irmgard Rathsmann-Sponsel und Dr. phil. Rudolf Sponsel
Stubenlohstr. 20 D-91052 Erlangen * Mail: sekretariat@sgipt.org_Zitierung & Copyright
Anfang_ Arbeitsblatt Pathologische-Bindungen _Überblick_Rel. Aktuelles _Rel. Beständiges_Titelblatt_ Konzept_Archiv_Region_Service-iec-verlag_ Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen
Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Entwicklungspsychologie, Bereich Bindungstheorie, und hier speziell zum Thema:
Querverweis: Bindungs-Paradoxa, pathologische Bindungen und andere nicht ohne weiteres verständliche Bindungserscheinungen. Weitere Querverweise zum Thema Bindung _ Weitere Querverweise zum Thema Therapie
Vorbemerkung: Die Bindungstherapie ist sicher keine neue Therapieform oder gar neue Therapieschule. Tatsächlich ist es so, daß die meisten Therapiesysteme und Therapieschulen - besonders die beziehungsorientiert kognitven und tiefenpsychologischen - immer schon um die klinische Bedeutung früher Bezugspersonen- und Sozialisationserfahrungen wußten. Von daher ist Bowlbys enttäuschte Klage, daß die Kliniker seine Bindungstheorie angeblich so wenig zur Kenntnis nähmen, nicht recht zu verstehen: wir TherapeutInnen haben sie nämlich schon immer in unserer Arbeit berücksichtigt und angewendet. Die therapeutische Anwendung der Bindungstheorie erhält nun aber nach Bowlby sehr explizite und klare Vorschläge, was in bindungstheoretisch orientierten Therapie-Sequenzen auf jeden Fall besondere Berücksichtigung finden sollte. Wir folgen hier der Darstellung der Kollegin Wartner:
I Perspektive der Bezugspersonen-Bindungstheorie - Bowlbys Empfehlungen
“In seinem
Aufsatz "Bindung, Kommunikation und der therapeutische Prozeß" (Bowlby,
1988 a) beschreibt John Bowlby fünf therapeutische Aufgaben, die ein
Therapeut, der aus bindungstheoretischer Sicht arbeitet, erfüllen
soll.”
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Wartner fährt fort: “Die Reihenfolge der fünf [410] Aufgaben reflektiert sowohl die Hierarchie ihrer Wichtigkeit als auch die aufeinanderfolgende Phasen des Therapieprozesses. Allerdings ist es nicht so, daß das Erfüllen einer Aufgabe deren Abschluß bedeutet; im Gegenteil, die Reihenfolge soll die jeweilige Aufgabe als "Baustein" einer Therapie betonen, und ein erfahrener Therapeut wird versuchen, zu allen Zeitpunkten alle Aufgaben zu berücksichtigen und zu erfüllen. Die folgenden Ausführungen zu den einzelnen Aufgaben werden anhand von Fallbeispielen verdeutlicht.”
Literatur: Bezugspersonen-Bindungstherapie
1. Der Therapeut
muß sich in seinem Fürsorgeverhalten durch das aktivierte Bindungssystem
des hilfesuchenden Patienten ansprechen lassen und ihm zeitlich, räumlich
und emotional zur Verfügung stehen. {geht m. E. nicht}
2. Der Therapeut
muß als eine verläßliche sichere Basis fungieren, von
welcher aus der Patient mit emotionaler Sicherheit seine Probleme bearbeiten
kann. [FN2] {angemessene}
3. Der Therapeut
verhält sich in Kenntnis der unterschiedlichen Bindungsmuster flexibel
im Hinblick auf den Umgang mit Nähe und Distanz in der realen Interaktion
mit dem Patienten sowie im Hinblick auf die Gestaltung des Settings. {ok}
4. Der Therapeut
sollte den Patienten dazu ermutigen, sich Gedanken darüber zu machen,
in welcher Beziehungsform er heute seinen wichtigen Bezugspersonen begegnet.
{ok}
5. Der Patient
muß angeregt werden, und der Therapeut muß darauf fokussieren,
die therapeutische Beziehung genau zu überprüfen, weil sich hier
alle von den Selbst und Elternrepräsentanzen geprägten Beziehungswahrnehmungen
widerspiegeln. {bedingt}
6. Der Patient
sollte behutsam aufgefordert werden, seine aktuellen Wahrnehmungen und
Gefühle mit denen aus der Kindheit zu vergleichen. {bedingt}
7. Dem Patienten
sollte einsichtig gemacht werden, daß seine schmerzlichen Bindungs-
und Beziehungserfahrungen und die daraus entstandenen verzerrten Selbst-
und Objektrepräsentanzen vermutlich für die aktuelle Lebensbewältigung
von relevanten Beziehungen nicht mehr angemessen, also überholt sind.
[FN3] {bedingt}
8. Der Therapeut
verhält sich bei der behutsamen Lösung des therapeutischen Bündnisses
als Vorbild für den Umgang mit Trennungen. Die Initiative für
die Trennung wird dem Patienten überlassen. {nicht möglich} Dieser
wird darin ermutigt, Trennungsängste einerseits und die Neugier auf
[<97] Erkundung eigenständiger Wege ohne Therapie andererseits
zu verbalisieren und vielleicht auch auszuprobieren. Eine vom Therapeuten
forcierte Trennung könnte vom Patienten als Zurückweisung erlebt
werden. Die physische Trennung ist nicht gleichbedeutend mit dem Verlust
der 'sicheren Basis'. Die Möglichkeit bei erneuter 'Not und Angst'
zu einem späteren Zeitpunkt auf den Therapeuten zurückgreifen
zu können, bleibt bestehen. {bedingt}
9. Frühzeitige
Wünsche nach Trennung und/oder mehr Distanzierung in der therapeutischen
Beziehung könnten bei Patienten mit bindungsvermeidendem Muster dadurch
ausgelöst worden sein, daß der Therapeut zu viel emotionale
Nähe anbot, die der Patient noch nicht aushielt und als Bedrohung
erlebte.” {richtig, daher oben angemessen}
II. Empfehlungen aus allgemeiner und integrativer Perspektive
1. Therapeutischer
Hauptsatz der Allgemeinen und Integrativen Therapie
Therapeutisches
Hauptprinzip: Nur diejenigen Veränderungen in der Therapie werden
dauerhaft angeeignet, die das Erleben und das Leben auf Dauer belohnt.
Achtung: Hierzu muß man natürlich das subjektive und individuelle
interne Belohnungssystem der PatientIn explorieren und studieren. Eine
der Hauptfehlerquellen kann sein, daß man zu sehr von eigenen normativen
und Wunschvorstellungen ausgeht und das pathologische System, das seine
eigene Logik hat, nicht richtig versteht und in seiner Fremdheit oder Ungewöhnlichkeit
auch nicht richtig annehmen oder tolerieren kann.
2. Technischer
Hauptsatz der Allgemeinen und Integrativen Therapie
Man muß
die Leute dort abholen, wo sie stehen und positive “Brückenköpfe”
bilden: Unterscheiden zwischen kurzfristigen, mittelfristigen und langfristigen
Zielen. Hier ist es natürlich sehr wichtig, den Realitätsrahmen
zu beachten, der sich aber sehr gut aus unserem Arbeitsblatt ergibt.
3. Therapeutischer
Hauptsatz der Allgemeinen Bindungstheorie
Zur Ätiologie
und Syndromgenese sowohl allgemeiner als auch pathologischer Bindungsphänomene
verwenden wir das Modell
der fünf Grundannahmen bzw. Hypothesen. Für die therapeutische
Orientierung in Richtung Veränderung berücksichtigen wir vor
allem: Festere zwischenmenschliche Bindungsbeziehungen entwickeln, vertiefen
und festigen sich - gewöhnlich unbewußt - durch eine gemeinsame
Lebenspraxis, in der möglichst viele Affekte bewegt werden und Bedürfnisbefriedigungen
stattfinden. Praktisch halten wir Bowlbys Empfehlungen für allgemein
nützlich und sinnvoll mit einer einzigen kleinen Modifikation: Beim
1. Arbeitsprinzip halten wir die Formulierung “Der Therapeut als angemessene
Basis” für besser als die normative Fremdbestimmung “Der Therapeut
als sichere Basis”.
Literatur zur allgemeinen Bindungs- und Beziehungstheorie:
Vorbemerkung: Die folgenden Empfehlungen zum groben Andenken und Berücksichtigen sind bewußt sehr allgemein gehalten, weil das gesamte soziale Hilfesystem von der ÄrztIn, ErzieherIn, LehrerIn, SozialarbeiterIn, BewährungshelferIn, SozialpädagogInnen, PsychologInnen, PsychotherapeutInnen einschließlich der Heilshilfs- und Hilfspersonen wie auch der vetroffenen Ämter (z. B. Arbeitsamt, Jugendamt, Sozialamt, Gefängnis, Heimfürsorge, Schulen, Erziehungsstätten, Wohngemeinschaften, beschützte Werkstätten, Krankenhäuser, Kliniken einschließlich Psychiatrie ) angesprochen werden soll.
Arbeitsblatt
Allgemeine und Integrative Bindungstherapie
01 Wichtige Bezugspersonen in der Kindheit und Jugend: Vaterfigur, Mutterfigur, Oma, Opa, Geschwister, Angehörige, Freunde, Nachbarn, Interessenbeziehungen |
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02 Wichtige Bezugspersonen aktuell und jüngere Vergangenheit: Partner, Angehörige, Freunde, Kollegen, Nachbarn, Bekannte, Interessenbeziehungen |
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03 Ressourcen-1: Sozialraum und Soziales Netz, Unterstützung aus dem sozialen Umfeld |
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04 Ressourcen-2: Kompetenzen, Können, Fähigkeiten, Fertigkeiten (auch die kleinen): Was fehlt, was ist da, was kann ausgebaut werden, was muß aufgebaut und angeeignet werden? .. |
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05 Situation: Lebenssituation: Arbeit, Wohnung; Geld, Schulden; Soziale Sicherung |
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06 Symptomatik, Syndromgenese, Anamnese, Sozialanamnese (Heime, Gefängnis, Milieu), Aggressivität, Impulsivität, Dominanz, Ambivalenz, Mißtrauen, Frustrationstoleranz, Sucht ... |
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07 Persönliche Voraussetzungen für Therapie |
Soziale Intelligenz
und Einsichtsfähigkeit ................................................................................................
Fühlfähigkeit: empfinden, fühlen, spüren ................................................................................................ Perspektivenwechsel und Einfühlung ..................................................................................................... Leidensdruck, Motivation Genügend da? .............................................................................................. Veränderungsbereitschaft? Genügend da? ............................................................................................ Anstrengungsbereitschaft ...................................................................................................................... Ausdauer, Durchhaltevermögen ............................................................................................................ Normatives System, Werte ................................................................................................................... Zuverlässigkeit, Glaubwürdigkeit ........................................................................................................... Beziehungsfähigkeit, Vertrauen ............................................................................................................. |
08 Beratungs-, Coaching- und Therapieziele (Realistisch, Emotional fundiert?) |
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09 Therapieplan: kurzfristige, mittelfristige, langfristige Ziele, Zwischenziele, Methoden |
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10 Evaluation: Realtests: was geht, was geht - noch - nicht? Wie wird geprüft, ob die Ziele und Pläne angemessen sind, angewendet und umgesetzt werden? |
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11 Sonstiges (z. B. Vortherapien): |
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