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    Internet Publikation  für Allgemeine und Integrative Psychotherapie  IP-GIPT DAS=19.9.2001
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    Willkommen in der Abteilung Metaphysik - von den letzten und großen Dingen jenseits der Wissenschaft, hinter der wahrnehmbaren Welt, Logik und Erfahrung:

    Die Auferstehung kann nicht ausgeschlossen werden
    Stellungnahme zu dem Text von Walter Toman
    "Keine Auferstehung? Nur endloser Tiefschlaf?"

    von Hans Werbik, Erlangen

     
       Walter Toman vertritt konsequent das naturwissenschaftliche Weltbild, nach dem ein Leben nach dem Tode nicht möglich ist. In der Tat gibt es keinerlei Beobachtungen oder Experimente, deren Ergebnis die Unsterblichkeit der Seele wahrscheinlich machen könnte. Toman betrachtet die wissenschaftliche Erkenntnis als die einzig mögliche und übersieht dabei, dass es neben der wissenschaftlichen Erkenntnis, die der Consensus-Theorie der Wahrheit verpflichtet ist, noch andere Quellen der Erkenntnis gibt.
     
    Religiöse Erfahrung
    Eine Minderheit von Menschen macht etwa einmal im Leben eine religiöse Erfahrung. Die religiöse Erfahrung besteht in einem Evidenzerlebnis von höchster Gewissheit, dass Gott wirklich existiert. Ich selbst hatte im Rahmen einer psychischen Krise ein solches Evidenzerlebnis. (Ich weiß also, wovon ich rede.) Ein solches Evidenzerlebnis hat die Dauer weniger Sekunden, beeinflusst aber das gesamte weitere Leben. Ein Austausch über ein solches Erlebnis mit anderen Menschen ist nicht möglich, weil das Erlebnis für andere Menschen nicht nachvollziehbar ist. Aufgrund seiner stabilen Einwirkung auf das weitere Leben ist ein Evidenzerlebnis Gottes von Wahnvorstellungen hinreichend verschieden, da deren Effekte durch die Einnahme von Neuroleptica verschwinden, während die Evidenz Gottes gegenüber der pharmakologischen Therapie resistent ist, resistent auch gegenüber einer psychotherapeutischen Behandlung.
     
    Folgerungen aus der Existenz Gottes
    Wer die Evidenz Gottes erfahren hat, nimmt an, dass die Auffassungen anderer Menschen, die ein solches Evidenzerlebnis hatten, ebenfalls richtig sind. Umgekehrt werden Lehren, die die Existenz Gottes leugnen, verworfen. So hat die Annahme der Existenz Gottes die Konsequenz, dass der Materialismus mit seinen Spielarten verworfen wird. Der Mensch wird dualistisch als Verbindung von Leib und Seele gesehen, wobei die Seele immateriell ist und das Gehirn lediglich das Werkzeug der Seele bzw. des selbstbewussten Geistes ist. Wenn das Gehirn in seiner Funktion geschädigt ist, dann kann der selbstbewusste Geist seine Potentiale nicht oder nur unzureichend realisieren. Im Einklang mit der Tradition (Platon) wird angenommen, dass die Seele bzw. der selbstbewusste Geist als immaterielle Substanz (Descartes) nach dem Tod fortbesteht. Die für den Materialismus charakteristische Auffassung, dass jedes physische Ereignis eine physische Ursache hat (Prinzip der geschlossenen Naturkausalität) wird verworfen. Es wird von der Möglichkeit psychischer Ursachen für materielle Vorgänge ausgegangen. Einflüsse Gottes auf materielle Prozesse werden für möglich erachtet.
    Überordnung psychotherapeutischer Gesichtspunkte
    Die Folgerungen aus der Annahme der Existenz Gottes haben nur Wahrscheinlichkeit und ergeben keine Sicherheit. Wenn keine letztgültige Sicherheit besteht, ist es erlaubt, Auffassungen danach zu beurteilen, ob sie den Menschen zuträglich sind und für die Menschen günstige Konsequenzen haben. Die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele hat für den Menschen jedenfalls die günstige Konsequenz, dass seine Todesangst verringert wird. Insbesondere in dem von Toman angesprochenen Fall des kollektiven Unterganges der menschlichen Art ist es notwendig, an die Unsterblichkeit der Seelen zu glauben, weil auf einem anderen Weg der Tod der gesamten Menschheit, der Kinder und Kindeskinder, nicht ertragen werden kann.
        Die bereits in der altägyptischen Religion vorhandene und über die christliche Religion tradierte Vorstellung eines Totengerichts kann für das tägliche Leben der Menschen heilsam sein und muß nicht so negativ gesehen werden wie von Toman. Die christliche Religion lehrt, dass wir allein durch den Glauben an Jesus Christus von unseren Sünden erlöst werden, deshalb heißt Jesus Christus der "Erlöser" und das Neue Testament "Evangelium" (frohe Botschaft).
        Unter psychotherapeutischen Gesichtspunkten sollten aber religiöse Vorstellungen, die sich negativ auf das Seelenleben auswirken, eliminiert werden. Die Bibel enthält, wie Franz Buggle (1992) darlegt, zahlreiche Passagen, die zutiefst inhuman sind. Es sollte überlegt werden, wie eine Distanzierung von den inhumanen Passagen der Bibel am besten erreicht werden kann, im Extremfall durch Änderung des Kanons der heiligen Schriften. Beispielsweise sollte die Offenbarung des Johannes, welche den Weltuntergang und den Endkampf zwischen Gott und Satan beschreibt, als ungeeignet für kindliche Seelen aus dem Kanon des Neuen Testaments gestrichen werden. Eine solche kritisch-distanzierte Haltung zur Bibel bedeutet auch ein Bekenntnis zum Eklektizismus, wonach nur solche religiösen Inhalte tradiert werden sollen, die den humanistischen Idealen entsprechen.

     
    Literatur:
    Buggle, Franz (1992): Denn sie wissen nicht, was sie glauben. Reinbek: Rowohlt.
    James, William (1979): Die Vielfalt religiöser Erfahrung. Olten: Walter-Verlag.


        Querverweise: Menschenbild, Anthropologie, Wertproblem und Metaphysik in der Allgemeinen und Integrativen Psychologie und Psychotherapie.  In dieser Arbeit direkt zum Thema  Sterben und Tod. und zur Abgrenzung Selbstmord und Freitod (Sokratischer Tod). Auch: Die Kunst des Alterns und des Sterbens.

    Zitierung
      Werbik, Hans (DAS). Die Auferstehung kann nicht ausgeschlossen werden. Stellungnahme zu dem Text von Walter Toman. "Keine Auferstehung? Nur endloser Tiefschlaf?" In der Reihe: Metaphysik und Ethik in der Allgemeinen und Integrativen Psychologie und Psychotherapie. IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/sonstig/metaph/danach/werb1.htm
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