Materialien zur Kausalität in der Naturwissenschaft:
Physik, Chemie, Biologie, Medizin und Technik
zum Hauptartikel:
Kausal und Kausalität,
Ursache und Wirkung, Grund und Folge
allgemein, in Wissenschaft und Leben und besonders
im Bio-Psycho-Sozialen und Recht
Originalarbeit von Rudolf Sponsel, Erlangen
Bavink Ergebnisse und Probleme der Naturwissenschaften
Bavink (1930, 4.A.), S. 188, führt im Abschnitt "Das heutige
physikalische Weltbild" aus:
"Wir haben damit zugleich das wichtigste, sich an
die neuere Entwicklung anknüpfende Problem, das Kausalproblem, bereits
angerührt und müssen nun etwas näher darauf eingehen. Die
sich hier ergebenden Folgerungen sind von einschneidender Bedeutung für
unser ganzes Weltbild. Soweit mir bekannt geworden ist, gehören Schottky
FN132) und Nernst zu den ersten, die auf Grund der neueren Lichtquantenlehre
eine ausdrückliche Anzweifelung der bis dahin allgemein als gültig
angenommenen Kausalvorstellungen ausgesprochen haben. Durch des Letztgenannten
Berliner Rektoratsrede FN133) sind sie dann zuerst weiteren Kreisen bekannt
geworden. In den vorigen Auflagen dieses Buches habe ich zu dieser im besonderen
Stellung genommen, und mich dabei im selben Sinne wie Planck FN134) u.
a. Physiker im allgemeinen ablehnend gegen eine radikale Anzweiflung der
strengen Naturgesetzlichkeit ausgesprochen. Ich muß diese Stellungnahme
nunmehr nach Bekanntwerden der neueren Forschungsergebnisse in etwa berichtigen,
wenn ich auch noch nicht mit Born FN135) u. a. ganz überzeugt bin,
daß das endgültige Aufgeben der strengen Kausalität alles
Geschehens bereits das letzte Wort sei. Es ist nützlich, daß
wir uns an dieser Stelle zuerst auf einiges besinnen, was weiter oben (S.
45, 58, 60) bereits kurz angedeutet worden ist. Das Weltbild der klassischen
Physik ist durch drei Grundvoraussetzungen charakterisiert; Die erste ist
die der Stetigkeit in Raum und Zeit, die zweite die der gegenseitigen unbeschränkten
Durchdringung aller Wirkungen, und die dritte der strenge Determinis-[>188]
mus. Alle drei Forderungen kommen am übersichtlichsten in der bereits
erörterten Fiktion des Laplaceschen Geistes
zum Ausdruck. Es wird bei dieser zwar der Materie selber eine diskontinuierliche
Struktur beigelegt (sie ist aus einzelnen „Massenpunkten" zusammengesetzt
gedacht), aber die von diesen Punkten aufeinander ausgeübten „Kräfte"
breiten sich doch nach dem strengen Gesetz 1/r2 oder einem ähnlichen
aus und erfüllen damit die Forderung der Stetigkeit. In noch idealerer
Form gilt das von den Maxwellschen Feldgleichungen, die sowohl in räumlicher
wie in zeitlicher Hinsicht sich als strenge Differentialgesetze geben.
Beiden Grundgesetzen zufolge durchdringen sich an jedem Punkte des Weltalls
sämtliche von allen Punkten herkommenden Teileinflüsse (bei Laplace
zeitlos, bei Maxwell mit einer der Entfernung proportionalen Phasendifferenz),
dies ist auch, nebenbei bemerkt, der Ausgangspunkt der Leibnizschen Lehre,
wonach die „Monade" der Spiegel des Universums sein, sollte FN136). Am
anschaulichsten wird diese gegenseitige universelle Durchdringung in der
Wellenlehre, wo der Rundfunk sie zu allem Überfluß jedem auf
die eindringlichste Weise nahelegt. Über den strengen Determinismus
der klassischen Physik ist gleichfalls schon S. 60, 69 das Notwendige gesagt
worden.
Man hat nun natürlich schon frühzeitig
bemerkt, daß in manchen Gebieten der Physik diese Forderungen nur
scheinbar erfüllt sind, daß es sich dagegen in Wirklichkeit
um diskontinuierliche Vorgänge handelt, deren Gesetze durch Differentialgleichungen
streng nicht beschreibbar und daher auch nicht streng gültig sind.
... "
Einträge im Sachregister Kausalität 50, 54,
60, 180, 187 ff., 194, 223f., 241, 351 ff., 365, 378, 432, 478, 491, 494
__
Eigen > siehe bitte hier.
__
Einstein
Eidemüller (2017), S. 433, hat Einsteinbriefe ausgewertet und
teilt einige interessante Passagen über Kausalität mit:
Gerade einmal zwei Jahre später hatte ihm die neue Theorie
schon etwas mehr Respekt abgenötigt, auch wenn sich sein grundlegendes
Missfallen nicht geändert hatte:
Fußnoten:
FN12 Aus einem Brief Einsteins
an Max Born aus dem Jahr 1924,
zitiert nach Einstein und Born (1969), S. 67.
FN13 Aus einem weiteren Brief an Max Born vom 4.
Dezember 1926, zitiert nach Calaprice (1996), S. 143. Zur Position Einsteins
und anderer bedeutender Physiker zur Quantenmechanik siehe auch Scheibe
(2006).
__
Galilei
Bunge (1987), S. 36: "2.1.2. Galileis Definition der Ursache
Die neuzeitliche Denkweise bevorzugt andere Definitionen der Wirkursache,
wobei sie jedoch das Merkmal der äußeren Einwirkung beibehält.
Unter ihnen zeichnet sich eine von Galilei stammende durch besondere Klarheit
aus, indem er die Wirkursache als notwendige und hinreichende Bedingung
für das Eintreten eines Ereignisses definierte: „daß nur das
und nichts anderes Ursache genannt wird, auf dessen Vorhandensein stets
die Wirkung folgt, während nach [>37] ihrem Verschwinden auch die
Wirkung aufhört". Hobbes, in mancherlei Hinsicht ein Nachfolger
des großen Florentiners, unterschied sorgfältig zwischen der
causa sine qua non, der notwendigen Ursache, und dem Komplex der hinreichenden
Ursachen, die alternativ die gleichen Wirkungen hervorrufen. ..."
Bunge kritisiert sodann die Galileische Definition:
der Ursachenbegriff sei erstens zu weit und beinhalte alles mögliche
und zweitens sei sie zu allgemein.
__
Heisenberg
"II ATOMPHYSIK UND KAUSALGESETZ
Zu den interessantesten allgemeinen Wirkungen der modernen' Atomphysik
gehören die Veränderungen, die sich unter ihrem Einfluß
am Begriff der Naturgesetzlichkeit vollzogen haben. Es ist in den letzten
Jahren oft davon gesprochen worden, daß die moderne Atomphysik das
Gesetz von Ursache und Wirkung aufhebe oder wenigstens teilweise außer
Kraft setze, daß man also nicht mehr von einer naturgesetzlichen
Bestimmtheit der Vorgänge im eigentlichen Sinne reden könne.
Gelegentlich wird auch einfach gesagt, das Prinzip der Kausalität
sei mit der modernen Atomlehre nicht vereinbar. Nun sind solche Formulierungen
stets unklar, solange die Begriffe Kausalität oder Gesetzlichkeit
nicht genügend geklärt sind. Ich möchte daher im folgenden
zunächst kurz über die historische Entwicklung dieser Begriffe
sprechen. Dann will ich auf die Beziehungen eingehen, die sich zwischen
der Atomphysik und dem Prinzip der Kausalität schon lange vor der
Quantentheorie ergeben haben. Anschließend will ich die Folgen der
Quantentheorie erörtern und von der Entwicklung der Atomphysik in
den allerletzten Jahren sprechen. Von dieser Entwicklung ist bisher wenig
in die Öffentlichkeit gedrungen, aber es sieht doch so aus, "als ob
auch von ihr Rückwirkungen ins philosophische Gebiet zu erwarten wären.
1. DER BEGRIFF <KAUSALITÄT>
Die Verwendung des Begriffs Kausalität für die Regel von
Ursache und Wirkung ist historisch noch relativ jung. In der früheren
Philosophie hatte das Wort causa eine viel allgemeinere Bedeutung als jetzt.
Zum Beispiel wurde in der Scholastik im Anschluß an ARISTOTELES
von vier Formen der <Ursache> gesprochen. Dort wird die causa formalis
genannt, die man etwa heute als die Struktur oder den geistigen Gehalt
einer Sache bezeichnen würde; die causa materialis, d. h. der Stoff,
aus dem eine Sache besteht; die causa finalis, der Zweck, zu dem eine Sache
geschaffen ist, und schließlich die causa efficiens. Nur die causa
efficiens entspricht etwa dem, was wir heute mit dem Wort Ursache meinen.
Die Veränderung des Begriffs causa zu dem heutigen Begriff Ursache
hat sich im Laufe der Jahrhunderte vollzogen, im inneren Zusammenhang mit
der Veränderung der ganzen von den Menschen erfaßten Wirklichkeit
und mit der Entstehung der Naturwissenschaft beim Beginn der Neuzeit. In
demselben Maße, in dem der materielle Vorgang an Wirklichkeit gewann,
bezog sich auch das Wort causa auf dasjenige materielle Geschehen, das
dem zu erklärenden Geschehen vorherging und dies irgendwie bewirkt
hat. Daher wird auch bei KANT, der ja im Grunde doch an vielen Stellen
einfach die philosophischen Konsequenzen aus der Entwicklung der Naturwissenschaften
seit NEWTON zieht, das Wort Kausalität schon so formuliert, wie wir
es aus dem 19. Jahrhundert gewohnt sind: <Wenn wir erfahren, daß
etwas geschieht, so setzen wir dabei jederzeit voraus, daß etwas
vorhergehe, woraus es nach einer Regel folgt.> So wurde allmählich
der Satz von der Kausalität eingeengt und schließlich gleichbedeutend
mit der Erwartung, daß das Geschehen in der Natur eindeutig bestimmt
sei, daß also die genaue Kenntnis der Natur oder eines bestimmten
Ausschnitts aus ihr wenigstens im Prinzip genügt, die Zukunft vorauszubestimmen.
So war eben die Newtonsche Physik geartet, daß man aus dem Zustand
eines Systems zu einer bestimmten Zeit die zukünftige Bewegung des
Systems vorausberechnen konnte. Die Anschauung, daß dies in der Natur
grundsätzlich so sei, wurde vielleicht am allgemeinsten und verständlichsten
von LAPLACE ausgesprochen in der Fiktion eines
Dämons, der zu einer gegebenen Zeit die Lage und Bewegung aller Atome
kennt
und dann in der Lage sein müßte, die gesamte Zukunft der Welt
vorauszuberechnen. Wenn man das Wort Kausalität so eng interpretiert,
spricht man auch von <Determinismus> und meint damit, daß es feste
Naturgesetze gibt, die den zukünftigen Zustand eines Systems aus dem
gegenwärtigen eindeutig festlegen."
Anmerkung: Heisenberg fährt fort mit statistischen
Erörterungen.
__
Jordan
Jordan (1947), beschreibt im Kapitel "Erschütterte Kausalität"
zunächst den Weg der Physik seit Plancks Entdeckung des Wirkungsquantums
und kommt dann, S. 72, auf die Kausalität zu sprechen:
"Derjenige Leser, welcher bis hierher den entgegen
kommenden Glauben aufrecht erhalten hat, daß kein Verrückter
zu ihm spricht, wird jetzt vielleicht auch die These zu schlucken bereit
sein, daß inmitten dieser Absonderlichkeiten der Zusammenhang der
Kausalität endgültig verloren geht und zwar der Natur selber
verloren geht, nicht etwa nur dem heutigen Physiker, von dem man annehmen
könnte, daß seine Einsicht in diese Verhältnisse noch unzulänglich
Sei. Sie ist nämlich nicht unzulänglich, im Gegenteil. Sie ist
tatsächlich zu abschließender Vollendung und zuerschöpfender
Erfassung ausgereift — aber eine über Andeutungen und Umschreibungen
hinaus gehende Erläuterung dieser Erkenntnis setzt als Zuhörer
den voll ausgebildeten (und modern ausgebildeten) Mathematiker voraus.
Was aber bleibt übrig, wenn die Kausalität
hier aufhört? Für den Planeten bedeutet eine auf ihn ausgeübte
Kraft die mit unbedingter kausaler Zuverlässigkeit erfolgende Hervorrufung
einer bestimmten Reaktion (einer „Beschleunigung")- Aber beim einzelnen
Atom und einzelnen Elektron ist es nicht mehr so, daß eine bestimmte
äußere Einwirkung auch eine bestimmte, vorhersehbare Reaktion
zustande bringt. Sondern eine äußere Einwirkung bedeutet hier,
daß wir das Atom zu einer Entscheidung zwingen — einer Entscheidung
zwischen verschiedenen Möglichkeiten seines Reagierens, seines Antwortens
auf die Einwirkung. Unter „Naturgesetz" verstehen wir im Falle des Planeten
diejenige Regel (Regel ohne Ausnahme!), nach welcher sich aus Art und Maß
der Einwirkung auch Art und Maß der dadurch zwangsläufig bestimmten
Reaktion ergibt. In der Atomphysik verstehen wir unter „Naturgesetz" die
Abhängigkeit der verschiedenen Reaktionsmöglichkeiten und Reaktions-
Wahrscheinlichkeiten von der geschehenden Einwirkung.
In jedem Einzelfalle gibt es W a h 1 f r e i h e
i t ,— man kann, wenn ein einzelnes Atom einmalig einem bestimmten Experimente
unterworfen wird, niemals vorher wissen, welche der gebotenen Reaktionsmöglichkeiten
gerade in diesem Falle verwirklicht werden wird. Wir müssen uns überraschen
lassen — und es sei noch einmal ausgesprochen, daß das nicht etwa
Folge eines unserseitigen Erkenntnismangels ist. Nicht nur w i r werden
überrascht, sondern die Natur überrascht sich selber!
Aber wenn wir das Experiment in gleicher Weise nicht
nur einmal, sondern viele Male machen (wiederholt am gleichen Atom, oder
je einmal an vielen gleichartigen Atomen), dann zeigt sich, daß —
trotz alles Unberechenbaren im Einzelfall — doch etwas Berechenbares zustande
kommt hinsichtlich des statistischen Durchschnittsverhaltens. Ein Elektron
besitzt bestimmte gleichbleibende Neigungen (und seine Brüder, die
anderen Elektronen, gleichen- ihm darin); und wenngleich es in jeder einzelnen
Reaktion mit seiner Auswahl zwischen den verschiedenen Möglichkeiten
immer wieder eine ursprüngliche Entscheidung trifft, so prägen
doch die unveränderlichen Neigungen des Elektrons seinen Verschiedenen
Entscheidungsmöglichkeiten bestimmte Wahrscheinlichkeiten auf: Lassen
wir es in ständiger Wiederholung seine Auswahl zwischen Möglichkeiten
A, B, C ... vollziehen, so verfällt es im Durchschnitt immer wieder
mit gleicher Häufigkeit auf A.
Daher verstehen wir, wieso der Planet ein streng
kausal bestimmtes Reagieren zeigt, obwohl er ja aus Atomen besteht, und
obwohl beim einzelnen Atom von Kausalität keine Rede mehr ist. Die
Gesamtbewegung des Planeten mit seinen zahllosen Atomen hängt nur
noch vom Durchschnitts - Reagieren der Atome ab: Und es ist eben der Sinn
der atomphysikalischen Wahrscheinlichkeitsgesetze, diesem Durchschnittsreagieren
berechenbaren Vorausbestimmtheit zu verleihen, während im Einzelfall
der [>74] älteren Physik als bloßes Abgeleitetes, als Folge
der in den Wurzeln der Dinge herrschenden statistischen Naturgesetze.
Der moderne Physiker, dessen experimentelles Wahrnehmungsvermögen
in die Tiefen der Natur hinunter dringt, sieht an dieser letzten Grenze
alles materiellen Seienden im schweigenden Gewimmel und Gekrabbel der Atome
und Elektronen ein Geschehen, das in jedem seiner Einzelakte eine ursachfreie,
urnorhersehbare Entscheidung fällt — gleichsam eine lemurenhafte <<?g
Vorform von Lebendigkeit im Weltuntergrunde. Im allgemeinen wird
ja nichts daraus. Die Statistik summiert das unberechenbare lebendig zuckende
Einzelgeschehen zur toten Kausalität des streng bestimmten durchschnittlichen
Massen-Verhaltens. Aber nicht immer sind die Voraussetzungen dieser statistischen
Massen-Reaktion erfüllt; und heute wissen wir bereits, daß der
aus der statistischen Akausalität sich aufdrängende Eindruck
von Lebendigkeit eine Berechtigung hat. Daß hier in der Tat die Wurzeln
bloß gelegt sind, aus denen sich die große und wunderbare Naturerscheinung
des organischen Lebens mit seiner schöpferischen Freiheit entfaltet."
__
Mach
In "Erkenntnis und Irrtum" findet sich im Sachregister kein Eintrag
"Kausalität". Aber das Thema wird im letzten Kapitel "Sinn und Wert
der Naturgesetze" ohne das Wort "Kausalität" zu benutzten sozusagen
implizit abgehandelt. In "Die Analyse der Empfindungen", 9. Auflage 1922,
lautet das V. Kapitel (69-83): "Physik und Biologie, Kausalität und
Teleologie". Das Sachregister nennt drei Einträge: 69 u.f., 273 und
psychische Kausalität 140:
In Mathematische Principien der Naturlehre ich der deutschen
Ausgabe das Wort "Kausalität" zwar nicht gefunden, aber in der Vorrede
zur zweiten Ausgabe 1713 von Cotes ist das Kausalitätsprinzip S. 10
inhaltlich beschrieben:
"Die vorhergehenden Schlüsse beruhen auf dem
folgenden Grundgesetz, welches von allen Gelehrten angenommen wird, dass
nämlich für gleichartige Wirkungen dieselben Ursachen gelten,
wenn man die Eigenschaften kennt, oder sie noch nicht erkannt hat. Wer
wollte wohl daran zweifeln, dass, wenn die Schwere den Fall eines Steines
in Europa bewirkt, dieselbe Ursache den Fall in Amerika bewirke? Wenn in
Europa eine wechselseitige Schwere zwischen einem Steine und der Erde stattfindet;
wer wird dann dieselbe wechselseitige Schwere in Amerika bezweifeln? Wenn
die anziehende Kraft des Steines und der Erde in Europa aus den einzelnen
Kräften der Tbeile zusammengesetzt wird; wer wird alsdann eine ähnliche
Zusammensetzung in Amerika ableugnen? Wenn die Anziehung der Erde sieh
in Europa auf alle Arten von Körpern und in alle Entfernungen fortpflanzt;
wer wird alsdann nicht eine ähnliche Fortpflanzung in Amerika annehmen?
Auf diese Regel gründet sich alle Physik; hebt man sie auf, so kann
man nichts von allen Dingen zugleich behaupten. Die Beschaffenheit einzelner
Dinge wird durch Beobachtungen und Versuche bekannt; daraus schliessen
wir, allein nach dieser Regel, auf die Natur aller Dinge."
Im II. Buch Regeln zur Erforschung der Natur
schreibt Newton, S. 380:
"2. Regel. Man muss daher, so weit es angeht, gleichartigen Wirkungen
dieselben Ursachen zuschreiben.
So dem Athmen der Menschen und der Thiere, dem Falle
der Steine in Europa und Amerika, dem Lichte des Küchenfeuers und
der Sonne, der Zurückwerfung des Lichtes auf der Erde und den Planeten."
Anwendung und Berufung auf die 2. Regel findet man
im Anhang "Von den Ursachen des Weltsystem", S. 387f, § 5 Anmerkung:
"Da nun beide Kräfte, sowohl die der schweren [>388] Körper als
die der Monde, gegen die Erde gerichtet, und da sie beide einander gleich
und ähnlich sind; so werden sie (nach 1. und 2. Regel) auch dieselbe
Ursache haben."
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Physik-Lexikon Spektrum
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A-Z klicken, "Kausalität" suchen
"Kausalität, eines der grundlegenden Konzepte der modernen
Physik, welches besagt, daß in der Natur nichts ohne Grund passiert,
d.h. zu jedem Ereignis (Wirkung) ein anderes (Ursache) existiert, das a)
in seiner Vergangenheit liegt und b) zwingende Voraussetzung für das
Eintreten der Wirkung ist. Ursache und Wirkung bilden somit eine kausale
Kette, die unter gleichen Bedingungen immer gleich abläuft.
Diesem strengen Konzept der klassischen (Newtonschen) Mechanik wurden
allerdings durch die Spezielle Relativitätstheorie und die Quantenmechanik
gewisse Grenzen auferlegt. Laut der Relativitätstheorie gibt es keine
Fernwirkung (Fernwirkungstheorie); jedes Signal braucht eine endliche Zeit
zur Ausbreitung, um eine Wirkung an anderen Stellen auszuüben. Da
die maximale Geschwindigkeit, mit der sich physikalische Wirkungen fortsetzen
können, die Lichtgeschwindigkeit ist, kann die Raumzeit zu jedem Ereignis
in vier kausal grundverschiedene Gebiete aufgeteilt werden: innerhalb des
Lichtkegels Zukunft (darauf kann das Ereignis wirken) und Vergangenheit
(hier können die Ursachen des Ereignisses liegen), außerhalb
des Lichtkegels die raumartige Gebiete, die kausal unabhängig von
diesem Ereignis sind.
Die Quantenmechanik attackiert die klassische Vorstellung von Kausalität
noch grundlegender: in der Mikrowelt ist die raumzeitliche Lokalisierbarkeit
von Ereignissen nicht mehr gewährleistet. Quanteninterferenz und Korrelationen
zwischen Messungen an entfernten Orten sind die Folge. Die klassischen
Konzepte sind jedoch statistisch durch eine große Anzahl von Messungen
realisierbar: im Mittel verhalten sich Quantenereignisse auch kausal. (Meßprozeß
in der Quantenmechanik, Quanteninformatik)"
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Planck
Planck, Max (1932) Die Kausalität in der Natur. Vortrag in London am 17.6.1932, S. 250:
S. 253: "Daher sind wir nach allen vorliegenden Erfahrungen gezwungen, den folgenden Satz als eine gegebene festliegende Tatsache anzuerkennen: In keinem einzigen Fall ist es möglich, ein physikalisches Ereignis genau vorauszusagen."
S. 268f (Schluss): "Allerdings läßt sich das Kausalgesetz ebensowenig beweisen wie logisch widerlegen, es ist also weder richtig noch falsch; aber es ist ein heuristisches Prinzip, ein Wegweiser, und zwar nach meiner Meinung der wertvollste Wegweiser, den wir besitzen, um uns in dem bunten Wirrwarr der Ereignisse zurechtzufinden und die Richtung anzuzeigen, in der die wissenschaftliche Forschung vorangehen muß, um zu fruchtbaren Ergebnissen zu gelangen. Wie das Kausalgesetz schon die erwachende Seele des Kindes sogleich in Beschlag nimmt und ihm die unermüdliche Frage „Warum?" in den Mund legt, so begleitet es den Forscher durch sein ganzes Leben und stellt ihm unaufhörlich neue Probleme. Denn die Wissenschaft bedeutet nicht beschauliches Ausruhen im Besitz gewonnener sicherer Erkenntnis, sondern sie bedeutet rastlose Arbeit und stets vorwärtsschreitende Entwicklung, nach einem Ziel, das wir wohl dichterisch zu ahnen, aber niemals verstandesmäßig voll zu erfassen vermögen."
Festkörper
https://www.chemie.de/lexikon/Festk%C3%B6rper.html
Kausalität
https://www.chemie.de/search/?q=kausalit%C3%A4t
Mittasch, Alwin (1938) Die Stellung der katalytischen Kausalität
zu anderen Kausalitätsformen. In Mittasch, Alwin (1938) (41-103) Katalyse
und Determinismus. Ein Beitrag zur Philosophie der Chemie
Schwab, G.-M. (1941, Hrsg.) Handbuch der Katalyse. Erster Band: Allgemeines
und Gaskatalyse. Wien: Springer.
Wünsch, Gerold (2000) Einführung in die Philosophie
der Chemie: Studienbuch für Chemiker und an Chemie Interessierte.
Würzburg: Königshausen & Neumann. Darin chemische Kausalität
S. 63 (in GB
nicht enthalten). Auch Erhaltungs- und Anstoßkausalität.
Eigen > siehe bitte hier.
Praegung als Kausalfaktor
> Kausalität entwicklungspsychologischer Vorgänge.
Prägung ist ein wichtigter Begriff der Verhaltensforschung
und Entwicklungspsychologie. Die Begriffe Prägung; Instinkthandlung;
Entwicklung; Reifung; Gewohnheit; Reflex; bedinkter Reflex; Lernen; spontan
oder frei motiviertes Verhalten; zufällig, unabsichtlichem Verhalten
und manipuliertes oder erzwungenes Verhalten sind von einander abzugrenzen.
Für eine Prägung gilt das Kausalgesetz.
Instinktverhalten als Kausalfaktor
Instinktverhalten ist von Prägung; Entwicklung; Reifung;
Gewohnheit; Reflex; bedinkter Reflex; Lernen; spontan oder frei motiviertes
Verhalten; zufällig, unabsichtlichem Verhalten und manipuliertes oder
erzwungenes Verhalten sind von einander abzugrenzen.
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Licht als Kausalfaktor für die Hinwendung der Pflanze zur Lichtquelle.
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Die Befruchtung als Kausalfaktor für die Geburt
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Die Evolution als Kausalfaktor
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Die Ursachen der Zellteilung
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Der genetische Code und seine kausale Bedeutung
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Finalität und Kausalität
https://www.biologieunterricht.org/kausfi.htm
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Eigen Das Spiel
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Im DAS FISCHER LEXIKON BIOLOGIE (1965) 1 und 2 habe ich im Sachregister
keinen Eintrag "Kausalität" gefunden.
Kaspar, Robert (1980) Naturgesetz, Kausalität
und Induktion. Ein Beitrag zu theoretischen Biologie. Acta Biotheoretica
29:129-149 (1980). [EigDat/E-Books/WisTheo//Kausalität/Kaspar_Biologie.pdf]
"4. ZUSAMMENFASSUNG
Ich möchte die vorliegenden Überlegungen nun einem Ende zuführen,
indem ich die wichtigsten Punkte rekapituliere.
(1) Die Situation der gegenwärtigen Biologie läßt es
notwendig erscheinen, sich um eine dem Gegenstand adäquate theoretische
Fundierung zu bemühen. (2) Dabei erweisen sich die Probleme der Kausalität,
des Naturgesetzes und der Induktion als Voraussetzungen eines solchen Unterfangens.
(3) Die wissenschaftstheoretische Diskussion dieser Themen hat dabei zu
wenig brauchbaren Lösungen geführt, da diese vornehmlich an der
Physik orientiert sind. (4) Es zeigt aber schon die Geschichte des Kausalproblems
in der Biologie, daß überall dort unüberwindliche Schwierigkeiten
aufgetreten sind, wo man entweder versuchte, das physikalische Ursachenkonzept
zu übernehmen oder in metaphysischen Begründungen Zuflucht suchte.
(5) Der hier versuchte Weg beginnt mit einer Klärung des Induktions-Begriffes,
wobei sich herausstellt, daß zwischen logischer und naturgesetzlicher
Notwendigkeit unterschieden werden muß und zu ersterer sowohl die
Induktion als auch die [>] Deduktion gehört. (6) Der Begriff
'Ursache' sollte durch 'Bedingung' ersetzt werden, dem die Wertigkeiten
'notwendig' oder 'hinreichend' zukommen. (7) Ein biologisches Bedingungsgefüge
stellt ein mehrdimensionales Netz dar, in dem sowohl innerhalb als auch
zwischen den Subsystemen Rückwirkungen auftreten. (8) Welche Wertigkeit
einer Bedingung zukommt, hängt von dem Systemausschnitt ab, innerhalb
dessen das betreffende System untersucht wird. (9) Dabei erfolgt die Findung
des adäquaten Teilsystems einerseits durch Abstraktion natürlicher
Teilsysteme und andererseits durch systematische Analyse aller Bedingungen,
bis sich ein relativ eigenständiges Subsystem herausstellt. (10) Die
biologischen Gesetze sind sowohl Sukzessions- als auch Koexistenzgesetze,
wobei ihre Formulierung infolge der Systemrelativität von Bedingungen
erst dann sinnvoll ist, wenn sie ihren Bezugsrahmen beinhalten."
__
Jensen, Paul (1934) Kausalität, Biologie und Psychologie. Erkenntnis;
Dordrecht Vol. 4, (Jan 1, 1934): 165-. [muss noch beschafft werden]
__
Lorenz, Konrad (1988) Die Rückseite
des Spiegels : Versuch einer Naturgeschichte menschlichen Erkennens. München:
Piper.
Heberer, Gerhard (1974, Hrsg.) Die Evolution
der Organismen. Ergebnisse und Probleme der Abstammungslehre. Band II/1
Die Kausalität der Phylogenie. Stuttgart: G. Fischer. Aus dem letzter
Abschnitt "Theorie der additiven Typogenese" von Gerhard Heberer, S. 398:
"Bei dem Versuch nun, von der aktuellen Phylogenetik
her auf die Kausalität der Gesamtphylogenie zu extrapolieren, war
man vielfach dem Einwand ausgesetzt, daß dieser Versuch an dem sogenannten
«Wesen» des Lebendigen vorbeigehe, daß man Lösungen
des Lebensproblems versuche, deren Basis unzureichend sei, ja es wird den
betreffenden Evolutionsgenetikern u. U. unterstellt, sie vermeinten die
Kausalität der Phylogenie in ihrer Totalität gefunden zu haben.
Wir erlauben uns deshalb, den Schlußpassus unseres Beitrages zu der
ersten Auflage dieses Werkes (HEBERER, 1943) zu wiederholen und um seine
Beachtung zu bitten:
«Die Aufgabe, nun zu untersuchen, ob sich
bei der heutigen Lage schon eine Möglichkeit bietet, diesen Gegensatz
(d. h. die Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer aktualistischen
Kausierung der Phylogenie von der Gegenwart her) einer eindeutigen Entscheidung
näher zu führen oder doch eine gemeinsame Basis als möglich
erscheinen zu lassen, ist wenig befriedigend. Trotzdem muß sie angegriffen
werden, wenn auch das Ergebnis bestenfalls nur eine schärfere Kennzeichnung
der Problemlage und die Aufzeigung von Lösungswahrscheinlichkeiten
sein kann, denn es handelt sich um das wohl wesentlichste Problem der gegenwärtigen
Phylogenetik überhaupt, nämlich um die sog. Typen und ihre Genese.»"
__
Hartmann, Max () Kausalität
und Zweckmäßigkeit in der Biologie. In (12-27) Biologie und
Philosophie.
"Zusammenfassung
Nach diesen allgemein erkenntnistheoretischen und methodologischen
Vorbemerkungen können wir nun das erste große Problem, die Frage
der Zweckmäßigkeit, in Angriff nehmen. Daß auch im Organischen
die durch die Physik ermittelten Gesetzmäßigkeiten genau so
gelten wie im Anorganischen, darüber herrscht heute wohl nirgends
mehr Meinungsverschiedenheit. Der Streit dreht sich nur darum, ob diese
physikalisch-chemische, oder wie man gewöhnlich in nicht sehr glücklicher
Formulierung sagt, mechanistische, allein auf Kausalität gegründete
Gesetzmäßigkeit für die Erklärung der Lebensvorgänge
im weitesten Sinne genügt, oder ob hier noch ein anderes Prinzip,
das Prinzip der Zweckmäßigkeit, hinzukommen muß. Die organischen
Körper nämlich erscheinen uns so beschaffen, daß die Einzelteile
nur zum Zwecke des Ganzen, die Einzelfunktionen nur zur Funktion des Ganzen
eingerichtet sind. Alles erscheint nur zur Erhaltung des Lebens, zur Erhaltung
des Ganzen, also zweckmäßig eingerichtet. Und so stehen viele
Philosophen und Forscher auch heute noch auf dem Standpunkt, daß
für die Erkenntnis der Organismen und des organischen Geschehens die
Kausalgesetze nicht ausreichen, sondern daß hier wie beim Bau einer
Maschine das Ziel oder Telos, der Zweck des Ganzen mitbestimmend sei für
die Ausbildung, die Entstehung der einzelnen Glieder."
Quelle: https://link.springer.com/chapter/10.1007%2F978-3-642-91660-1_3
__
Finalitaet und Kausalitaet im Biologieunterricht
https://www.biologieunterricht.org/kausfi.htm
__
Riedl Biologie der Erkenntnis (1981, 3.A.)
Riedl, Rupert (1981, 3.A.) Biologie der Erkenntnis. Die stammesgeschichtlichen
Grundlagen der Vernunft. Berlin: Parey.
Die Kausalität wird von Riedl leider ähnlich
abstrakt und allgemein abgehandelt wie von Wuketis,
der sich öfter auf die Arbeiten von Riedl beruft. Genaue und konkrete
Kausalfolgen werden nicht vorgelegt.
Sachregistereinträge:
Aetiologie, Pathogenese, Nosologie, Syndrom, Störung, Krankheit, Heilung, ...
[Quelle]
Im allgemeinen Modell wird von einem Systemstörungsmodell
ausgegangen, bei dem wir folgende Entwicklungsstadien unterscheiden: 1)
Ursachen, Bedingungen und Auslöser der Störung. 2) die Bewertung
einer Störung als Krankheit. Zum Wesen der Krankheit definiert
man zweckmäßig eine - wichtige - (Funktions-) Störung (nach
Gustav von Bergmann [1878-1955] 1932). 3) unterschiedliche Auswirkungen
(lokale, zentrale, allgemeine, spezielle) der Störung. 4) Erfassen
und Informationsverarbeitung der Störung und 5) aus Wiederherstellungsprozeduren:
der Auseinandersetzung zwischen den Kräften der Störung und der
Heilung. Störungen können exogener (ausserhalb des Systems) oder
endogener (innerhalb des Systems) Natur sein. Störungen haben im allgemeinen
Ursachen, womit sich in der allgemeinen Krankheitslehre die Ätiologie
beschäftigt. Entwickelt sich eine Störung in der Zeit, wie meistens,
heißt dieser Vorgang Pathogenese. Unklar ist meist der Symptombegriff,
der eine dreifache modelltheoretische Bedeutung haben kann:
Rechtsmedizin
Kauert, Gerold; Mebs, Dietrich; Schmidt, Peter (2006, Hrsg.) Kausalität.
Forensische Medizin, Toxikologie, Biologie, Biomechanik und Recht. Hansjürgen
Bratzke. Berlin: Berliner Wissenschaftsverlag.
Was sagt die Wissenschaft zum Aufwachen (Auswahl)?
Interessant, dass ich zum Aufwachen oder Erwachen so gut wie keine Literatur finden konnte.
Tabelle:
Faktoren der Schlaf-Wach-Regulation
[In Arbeit]
Sachverhalt/ Stoff/ Name | Funktionsweise | Mangel / Überschuss | Zusammenhänge |
Hypocretin (Orexin). ein
Neuropeptid
|
Hypocretin fördert das Wachsein, unterdrückt den REM-Schlaf und reguliert den Appetit (Wiater 2016, S. 1074) | Mangel: Nicht genügend wach sein Schlafsucht (Narkolepsie)
|
zwischen dem zyklischen Ver- lauf der Körperkerntemperatur und dem circadianen Schlaf- Wach-Rhythmus. (Wiater 2016, S. 1074) |
Melatonin
|
Die Melatoninaktivität verläuft entgegengesetzt zur Körper- kerntemperatur (Wiater 2016, S. 1075) | Licht blockiert die Melatonin- wirkung (Wiater 2016, S. 1075) | |
Dopamin | Blockiert Melatoninproduktion
(Wiater 2016, S. 1075) |
Gegen Ende der Nacht. Schlaf- störungen bei Parkinson wegen Dopaninmangel; ruhelose Beine | |
Eisen (Ferritin)
(Wiater 2016, S. 1075) |
Dopaminsynthese, Dopaminsy- napsendichte, Myelinsynthese | ||
Glukokortikoidspiegel
(Wiater 2016, S. 1075) |
Maximum in den frühen Morgenstunden und der Tiefstpunkt um Mitternacht | ||
Prolaktin
(Stuck et al. 2013 , S. 13) |
Ähnlich ist die Prolaktinfreiset- zung im Schlaf erhöht und sinkt nach dem Aufwachen zügig ab. | ||
ACTH
(Stuck et al. 2013 , S. 13)
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Die ACTH-Konzentration
steigt bereits etwa 1 h vor dem Erwachen deutlich an, um kurz nach dem Aufwachen ihr Maxi- mum zu erreichen. |
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Innere Uhr (circadiane Rhythmen)
(Stuck et al. 2013 , S. 13)
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"Rhythmen sind vom Einzeller bis zum Menschen bereits auf der zellulären Ebene in Form der sog. Uhren-Gene vorhan- den. Sie werden bei Säugern vom Nucleus suprachiasmaticus (SCN) im Hypothalamus, dem Master-Zeitgeber oder Schritt- macher, koordiniert. Beim Menschen beträgt der endo- gene Rhythmus des SCN etwa 25 h, ..." | ||
Schlafprofil
(Wiater 2016, S. 1075) |
Störungen des Schlafprofils führen zu Veränderungen der Wachstumshormonsekretion | ||
Erregung / Aktivationsniveau | |||
Schlafdauer | |||
Schlafphase | |||
Müdigkeit /Ausgeruhtheit | |||
Licht/ hell/ dunkel | |||
Wecksignale | |||
Aufstehmotivation | |||
Winfree: Die Gezeiten des Bewusstseins
Winfree, Arthur T. (dt.1988, engl. 1987) Biologische Uhren. Zeitstrukturen
des Lebendigen. Heidelberg: Spektrum der Wissenschaft. Die Gezeiten
des Bewusstseins, S. 57:
"Unser Bewußtsein durchläuft wie die Gezeiten einen täglichen
Zyklus. Innerhalb dieses Zyklus wird das Auftauchen aus dem Schlaf offenbar
dann ausgelöst, wenn etwas sich im Schlaf allmählich verändert
und schließlich einen Schwellenwert erreicht, der selbst wiederum
— wie fast alles in uns — mit einer circadianen Periodenlänge variiert.
Wenn diese Veränderung in einer bestimmten Phase (bei Schlafbeginn)
einsetzt, wird die Schwelle in einer vorhersagbaren späteren Phase
erreicht werden, und wenn uns nicht schon vorher ein schriller Wecker aufgeschreckt
hat, werden wir dann aufwachen. Die Schlafdauer kann, je nach Zeitpunkt
des Schlafbeginns, beträchtlich schwanken. Sie beträgt nur deshalb
durchschnittlich acht Stunden, weil die Menschen gewöhnlich etwa in
der entsprechenden Phase ihres circadianen Zyklus schlafen gehen. Ein Mensch
mit starken circadianen Zyklusschwankungen schläft vielleicht nur
vier Stunden oder gleich 18 Stunden — je nachdem, wann im Zyklus er sich
entschließt, schlafen zu gehen. Man kann von den kürzesten zu
den längsten Schlafzeiten überwechseln, wenn man den Schlafbeginn
gerade weit genug hinausschiebt, um das Wellental im [>58] Schwellenrhythmus
zu verpassen. Folglich gibt es im circadianen Zyklus einen Bereich von
mehreren Stunden, in dem man mit ziemlicher Sicherheit nicht spontan aufwacht.
Wenn dagegen jemand aus irgendwelchen Gründen physiologisch weniger
phasenabhängig ist (wenn also sein Schwellenwertrhythmus flacher verläuft),
wird seine Schlafdauer nicht so deutlich von der circadianen Zeit, sondern
mehr durch andere Faktoren (wie zum Beispiel Müdigkeit) beeinflußt.
Es ist vorstellbar, daß der Schlaf endet, wenn irgendeine Größe
(im weitesten Sinne Ausgeruhtheit), die während des Schlafs
zunimmt, einen Schwellenwert erreicht. Da die meisten Phänomene einem
Tagesgang folgen, könnte das für diesen Schwellenwert ebenfalls
zutreffen. ...."
Wiater (2016), S. 1074ff:
Existenzielle Bedeutung des Wachseins
Unmittelbar einbezogen in die Schlaf-Wach-Regulation ist das Neuropeptid
Hypocretin, ursprünglich auch als Orexin (griechisch „orexis“: Verlangen/Appetit)
bezeichnet. Hypocretin (1 und 2) wirkt als Neurotransmitter. Hypocretin
fördert das Wachsein, unterdrückt den REM-Schlaf und reguliert
den Appetit. Eine weitere Funktion des Hypocretins bezieht sich auf das
neuronale Belohnungssystem [16]. Hypocretinneuronen entladen imaktiven
Wachzustand und sind während des Schlafens inaktiv. Hypocretin wurde
primär als hypothalamisches Neuropeptid zur Regulation der Nahrungsaufnahme
beschrieben. Erst die Erkenntnis, dass ein Mangel an Hypocretin mit dem
Krankheitsbild der Narkolepsie einhergeht, erbrachte die Zusammenhänge
mit der Schlaf-Wach-Regulation. Die fehlende Hypocretinwirkung bei Narkolepsiepatienten
gilt als Erklärung für die krankheitstypische Desorganisation
des Schlaf-Wach-Verhaltens, das unphysiologische plötzliche Auftreten
von REM-Schlaf, z. B. unmittelbar nach dem Einschlafen („sleep-onset REM“)
und das mangelnde Vermögen, wach bleiben zu können.
>> Hypocretin fördert das Wachsein, unterdrückt den REMSchlaf und reguliert den Appetit
Der Zusammenhang zwischen der Bedeutung des Hypocretins für das Schlaf-Wach-Verhalten einerseits und die Nahrungsaufnahme andererseits liegt möglicherweise darin, dass Hypocretin den Organismus bei negativer Energiebilanz in den Wachzustand versetzt, um Nahrung aufnehmen zu können [15]. Die Zusammenhänge zum Belohnungssystem könnten darin bestehen, dass die Motivation, an Nahrung zu gelangen, dadurch gefördert wird, dass nach der Nahrungsaufnahme ein positives emotionales Erleben resultiert. Pathophysiologisch relevant ist der beschriebene Zusammenhang unter den Bedingungen des Schlafmangels. Bereits Schlafmangelzustände über 1 bis 2 Nächte können die Glucosetoleranz einschränken und den Appetit steigern, mit der Aufnahme hochkalorischer Nahrung sowie reduzierter anorexigener (z. B. Leptin) und gesteigerter orexigener Hormonaktivität (z. B. Ghrelin) einhergehend. Die Hypocretinneurone erhalten ihre Impulse aus dem dorsomedialen Nukleus des Hypothalamus (DMH), der auch die Bewegungsaktivität und die Kortikoidsekretion reguliert. Der DMH erhält und integriert Impulse aus den Nuclei suprachiasmatici und der subparaventrikulären Zone (SPZ), die nicht nur in die Schlaf-, sondern auch in die Temperaturrhythmik involviert ist [2]. Diese neuronalen Strukturen lassen die Verbindung zwischen Schlaf und Thermoregulation erkennen.
Zyklische Abläufe
Es bestehen Zusammenhänge zwischen dem zyklischen Verlauf der
Körperkerntemperatur und dem circadianen Schlaf-Wach-Rhythmus. Die
Körperkerntemperatur geht während der nächtlichen Schlafphase
mit Tiefstpunkt zwischen 3 und 6 Uhr morgens herunter und während
des Wachseins wieder herauf, dem 24-h-Rhythmus entsprechend. Die Schwankungsbreite
beträgt ca. 1 °C. Einschlafen ist eng verknüpft mit sinkender
Körperkerntemperatur. Induziert wird dieser Prozess durch Melatonin.
Die Melatoninaktivität verläuft entgegengesetzt zur Körperkerntemperatur.
Melatonin bewirkt eine periphere Vasodilatation mit der Folge einer Erhöhung
der distalen Hauttemperatur und somit eines Wärmeverlusts über
die Haut, der [>1075] Körperkerntemperatur führt. Diese thermoregulatorischen
Effekte sind nur im Liegen evident. Melatonin könnte demnach über
eine periphere Vasodilatation einen hypothermen Effekt erzielen, in dessen
Folge das Einschlafen induziert wird.
>> Die Melatoninaktivität verläuft entgegengesetzt zur Körperkerntemperatur
Der Zusammenhang zwischen dem Absinken der Körperkerntemperatur
und der Schlafinduktion verdeutlicht den Einfluss der Umgebungstemperatur
auf das Schlafverhalten. So ist bei höheren Umgebungstemperaturen
von einem negativen Einfluss auf das Schlafverhalten auszugehen. Die Empfehlungen,
die Schlafraumtemperaturen bei Säuglingen möglichst konstant
bei 17–18 °C zu belassen, sind somit schlafphysiologisch begründbar.
Des Weiteren werden auch Zusammenhänge zwischen dem Krankheitsbild
der Insomnie mit Ein- und Durchschlafstörungen und höheren Körperkerntemperaturen
beschrieben. Bei der Verabreichung von Melatonin aus therapeutischen Gründen
ist darauf zu achten, dass unmittelbar nach der Einnahme von Melatonin
der Schlafraum abgedunkelt wird. Licht blockiert die Melatoninwirkung.
Dieser Effekt ist am ausgeprägtesten bei blauem Licht, dass häufig
von PC-Bildschirmen ausgeht.
Auch der Neurotransmitter Dopamin steht im Zusammenhang
mit der Schlaf-Wach-Regulation. Nach neueren Studienergebnissen kann Dopamin
in der Glandula pinealis die Produktion und die Ausschüttung von Melatonin
verhindern. Diese Dopamineffekte sind jedoch erst gegen Ende der Nacht
nachweisbar, wenn die Dunkelheitsperiode endet und das Aufwachen bevorsteht
[7]. Die schlafmedizinische Relevanz der Dopaminwirkung zeigt sich zum
einen bei M.-Parkinson-Patienten. Die Parkinson-Erkrankung geht bekanntermaßen
mit einem Dopaminmangel einher und kann zu erheblichen Schlafstörungen
führen. Zum anderen besteht ein Zusammenhang zwischen Störungen
des dopaminergen Systems und dem RLS, dem sog. Syndrom der ruhelosen (unruhigen)
Beine, dessen Stellenwert in der Kinder- und Jugendmedizin zunehmend
erkannt wird. Es handelt sich um eine familiär gehäuft vorkommende
Erkrankung, die mit Schlafstörungen und <<?g Tagessymptomatik,
auch in Form von hyperaktivem Verhalten, einhergeht. In diesem Zusammenhang
ist ebenfalls die Bedeutung des Eisens, messbar als Ferritin, für
die Dopaminbildung im Gehirn hervorzuheben. Bereits Serumferritinspiegel
unter 50 ng/ml gehen bei RLS-Patienten mit einem erhöhten Schweregrad
der Symptomatik einher. Daher sollten bei RLS-Patienten Serumferritinwerte
von 50–75 ng/ml erreicht werden. Die Bedeutung des Ferritins für den
Hirnstoffwechsel bedarf hinreichender Beachtung. Ferritin wird nicht nur
für die Dopaminsynthese benötigt. Ferritin ist ebenfalls bedeutsam
für die Dopaminsynapsendichte und die Myelinsynthese. Beschrieben
werden auch Zusammenhänge zwischen [>] Ferritin und der Hirnenergieproduktion
sowie ein möglicher Einfluss auf denNorepinephrin- und Serotoninstoffwechsel
[13]. Diese Wirkungen des Ferritins und die sich daraus ergebenden klinischen
Konsequenzen werden bis dato in der Kinder- und Jugendmedizin nicht hinreichend
berücksichtigt.
>> Störungen des Schlafprofils führen zu Veränderungen der Wachstumshormonsekretion
Der circadiane Schlaf-Wach-Rhythmus geht auch mit zyklischen Veränderungen
der Glukokortikoidspiegel einher. Es zeigen sich ein Maximum in den frühen
Morgenstunden und der Tiefstpunkt um Mitternacht [11, 12]. Auch für
die Wachstumshormonspiegel besteht eine Kopplung an die Schlafzyklen. So
erfolgt das Maximum der Wachstumshormonausschüttung während der
ersten Tiefschlafphase der Nacht. Störungen des Schlafprofils führen
zu Veränderungen der Wachstumshormonsekretion, die Wachstumsstörungen
zur Folge haben können. Bei Kindern mit länger stehendem Schlafapnoesyndrom
kann es zu einer Wachstumsretardierung kommen. Die Wachstumshormonsekretion
wird, wie auch die Sekretion anderer Hormone, über die Nuclei
suprachiasmatici gesteuert. Die periodischen Wechsel elektrophysiologischer
Aktivität während des Schlafens, die den unterschiedlichen Schlafstadien
zuzuordnen sind, beeinflussen die endokrine Sekretion und gehen einher
mit periodischen kurzzeitigen Veränderungen der Hormonspiegel.
In diesem Zusammenhang sind die schlafbezogenen Änderungen der
Körperposition, des Verhaltens und der Lichteinwirkung als begleitende
Faktoren zu berücksichtigen. Daneben spielen aber auch andere Faktoren,
wie neuroendokrine Feedback-Mechanismen, Alter, Geschlecht sowie die zeitlichen
Abläufe von Schlafen und Wachsein, eine Rolle [4].
Schlussfolgerung
Die beschriebenen Zusammenhänge verdeutlichen die Komplexität
der Schlaf-Wach-Rhythmik und deren Regulation. Es werden aber auch die
unmittelbaren Zusammenhänge zwischen der Schlaf-Wach-Regulation und
der Energiehomöostase deutlich, die Zusammenhänge mit der motorischen
Aktivität, dem endokrinen
System und insbesondere der Temperaturrhythmik. Die Vielfalt der schlafgebundenen
neuronalen und somatischen Abläufe macht deutlich, dass erholsamer
Schlaf eine Voraussetzung für die gesunde Entwicklung des Menschen
ist. Die unterschiedlichen Faktoren und Prozesse der Schlafentwicklung
zeigen auf, dass äußere Gegebenheiten, wie z. B. regelmäßige
Nahrungsaufnahme, das Abdunkeln des Schlafraums und eine adäquate
Umgebungstemperatur positive Auswirkungen auf den Schlaf-Wach-Rhythmus
eines Kindes haben können. Es zeigt sich aber auch, dass unregelmäßige
Abläufe und Störungen der circadianen Rhythmik bereits frühzeitig
eine falsche Bahnung des Schlaf-Wach-Rhythmus zur Folge haben können
und länger anhaltende Schlafstörungen verursachen. Immerhin haben
zwei Drittel der Kinder ihre Schlafstörungen über mehrere Jahre
mit der Folge organischer, physischer und kognitiver Störungen [5]."
Literatur Kausalität
in der Medizin (Auswahl)
Wildner, M. (1997) Kausalität und systematische Fehler in epidemiologischen
Studien. Allergo Journal 7/1997
Technik und Kausalität (erscheint in: Klaus Kornwachs (Hg.),
Technik – System –Verantwortung, Münster: LIT
1993) Jost Halfmann
"Zusammenfassung
. Der Autor plädiert für eine Revision des Kausalitätsbegriffs
in der geistes- und sozialwissenschaftlichen Technikforschung. Anstelle
eines handlungstheoretischen Technikbegriffs, der Technik als Handlungsfolge
konzipiert, die einem Zweck-Mittel-Schema unterworfen ist, wird ein systemtheoretischer
Technikbegriff vorgeschlagen, der Technik als Medium-Form-Beziehung fasst.
Damit kann der Kontingenz und dem Risiko von Technik besser Rechnung getragen
werden."
https://tu-dresden.de/gsw/phil/iso/ressourcen/dateien/inst/ehemalige-professorinnen-und-professoren/aktuelle_aufsaetze/tekau02.pdf?lang=de
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z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff>
site:www.sgipt.org
z.B. Definition definieren site:www.sgipt.org. |
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