Buch-Präsentationen in der IP-GIPT
Polizeiliche Vernehmung und Glaubhaftigkeit
Ein Trainingsleitfaden
präsentiert von Rudolf Sponsel, Erlangen
Autoren Polizeiliche Vernehmung und Glaubhaftigkeit. Ein Trainingsleitfaden:
Professor Dr. soc. Max Hermanutz, Dipl.-Psychologe, Hochschule für
Polizei Villingen-Schwenningen, Professor Dr. rer. nat. Sven Max Litzcke,
Dipl.-Psychologe, Dipl.-Verwaltungswirt (FH), Fachhochschule Hannover,
Ottmar Kroll, Kriminaloberrat, Leiter der Kriminalpolizei Schwäbisch
Hall, und Professor Dr. jur. Frank Adler, Prorektor, Hochschule für
Polizei Villingen-Schwenningen
Verlag. [Verlags-Info]
..1. Einleitung. 9
2.      Aufbau und Ablauf von Vernehmungen    
11
2.1     Definition Vernehmung     
11
2.2     Ziele von Vernehmungen     
11
2.3     Planung und Beginn einer Vernehmung    
12
2.4     Ablauf von Vernehmungen     
14
2.5     Protokollierung von Aussagen   
15
2.5.1     Protokollierung durch Videovernehmung    
16
2.5.2     Problembereiche der Protokollierung   
16
2.6     Taktische Vorgehensweise    
17
2.6.1     Belehrungen     17
2.6.2     Vernehmung zur Person    
18
2.6.3     Vernehmung zur Sache - Bericht    
18
2.6.4     Vernehmung zur Sache - Erinnerungshilfen  
19
2.6.5     Vernehmung zur Sache - Verhör   
21
2.6.6     Abschluss der Vernehmung    
22
2.7     Faktoren, die Vernehmungen beeinflussen    
22
2.7.1     Vernehmungsatmosphäre    
22
2.7.2     Aktives Zuhören.   23
2.7.3     Floskeln und Killerphrasen    
23
2.7.4     Wortwahl     24
2.7.5     Gesprächsbereitschaft fördern    
25
2.8     Belehrung     
26
2.8.1     Belehrung von Zeugen    
26
2.8.2     Belehrung von Beschuldigten      
27
2.9     Basisverhalten - tatrelevantes Verhalten    
28
2.10   Frageformen zur Informationsgewinnung   
30
2.10.1   Offene Fragen      31
2.10.2   Geschlossene Fragen     
32
2.10.3   Suggestivfragen       
32
2.11   Was die Polizei darf       
33
2.12   Was die Polizei nicht darf    
34
2.13   Glaubhaftigkeit von Aussagen einschätzen    
34
2.13.1   Verbale Merkmale     35
2.13.2   Nonverbale Warnsignale     35
2.13.3   Kompetenzanalyse, Aussagetüchtigkeit    
35
2.13.4   Aussageentstehung       
36
2.13.5   Aussagemotivation     
37
2.13.6   Konstanzanalyse      
38
2.14  Analyse und Bewertung von Aussagen    
38
3.      Merkmalsorientierte Aussageanalyse      
40
3.1     Kurzliste - Glaubhaftigkeitsmerkmale    
41
3.2     Ausführliche Darstellung - Glaubhaftigkeitsmerkmale    
45
3.2.1     Handlungskomplikationen (HK)   
45
3.2.2     Überflüssige Details (ÜD)     
48
3.2.3     Ungewöhnliche Details (UD)     
51
3.2.4     Querverbindungen zu ähnlichen Vorgängen
(QV)     54
3.2.5     Raum-zeitliche Einbettung (RZE)      
57
3.2.6     Wiedergabe von Gesprächen (WG)    
63
3.2.7     Unverstandene Handlungen (UH)    
66
3.2.8     Wiedergabe von Interaktionen (WI)    
69
3.2.9     Deliktspezifische Merkmale (DM)    
72
3.2.10   Eigenpsychische Vorgänge (EV)     
75
3.2.11   Fremdpsychische Vorgänge (FV)   
78
3.2.12   Inschutznahme des Täters (IT)     
81
3.2.13   Selbstbelastung (SB)     
84
3.2.14   Spontane Verbesserungen (SV)     
87
3.2.15   Zugeben von Erinnerungslücken (ZE)    
90
3.2.16   Zugeben von Unsicherheit (ZU)     
93
3.2.17   Ungeordnete Erzählweise (UE)    
96
3.2.18   Widerspruchsfreiheit (WF)     
99
3.2.19   Detailreichtum (DR)   101
4.       Nonverbale Warnsignale      
104
4.1     Pupillenweitung      
106
4.2     Abnahme Illustratoren - Zunahme Adaptoren    
107
4.3     Weniger echtes und mehr vorgetäuschtes
Lächeln  110
4.4     Mehr Spannung in der Stimme und höhere
Stimmlage    111
5.       Grenzen der Anwendung     
112
5.1    Irrtum     112
5.1.1     Irrtum durch Wahrnehmungsdefizite   
112
5.1.2     Irrtum durch Gedächtnisverfälschungen   
112
5.1.3     Irrtum durch Wahrnehmungsstörungen    
113
5.1.4     Irrtum durch Gedächtnisstörungen    
114
5.2     Besondere Lügenformen.    
114
5.3     Andere Kulturen    
116
5.4     Dolmetscher     117
5.5     Traumatisierte Menschen     
118
5.6     Kinder    119
5.7     Defizite in der Vernehmung    
123
6.       Übungen.   
125
6.1     Übung zu Frageformen    
125
6.2     Übungen zu Glaubhaftigkeitsmerkmalen     
126
Lösungen zu 6.1:       131
Lösungen zu 6.2:       132
7.       Exkurs   
140
7.1     Die strafrechtliche Bedeutung der Belehrung
von Zeugen    140
7.2     Die strafrechtliche Bedeutung der Belehrung
Beschuldigter    140
7.3     BGH-Urteil     141
7.4     Methodisches Vorgehen bei der Glaubhaftigkeitsprüfung   
142
Literaturverzeichnis    143
Stichwortverzeichnis   149
"Auf Basis empirischer Forschungsergebnisse und unter Beachtung der
für den Polizeialltag verbindlichen Rechtslage werden konkrete Vorschläge
für Vernehmungen und zur Glaubhaftigkeitseinschätzung gemacht,
die durch Übungen ergänzt werden. Der Aufbau des Leitfadens folgt
dem idealtypischen Verlauf einer Vernehmung und besteht aus vier Kapiteln:
- Aufbau und Ablauf von Vernehmungen
- verbale Glaubhaftigkeitsmerkmale
-  nonverbale Warnsignale
-  Probleme und Grenzen.
    Dieses Buch ersetzt nicht das Hinzuziehen eines juristischen
Kommentars, wenn es um spezifische rechtliche Probleme in Vernehmungen
geht. Ebenso wenig werden psychologische Fragen von Vernehmungen wissenschaftlich
vertieft. Hierfür sei auf Hermanutz und Litzcke
verwiesen.
Mit diesem Trainingsleitfaden wollen wir mit dazu beitragen, Vernehmungen
und Glaubhaftigkeitseinschätzung in ihren Grundzügen transparent
zu machen. Warum tun wir das? Wir vertreten die Auffassung, dass allen
vernehmenden Personengruppen, beispielsweise Polizeibeamten, Staatsanwälten,
Richtern, Rechtsanwälten, deutlich sein sollte, weshalb ihre Arbeit
für Ermittlungs- und Gerichtsverfahren wichtig ist. Es soll erkennbar
werden, weshalb offene Fragen, freie Berichte und ein detailliertes und
somit aufwendiges Protokoll von entscheidender Bedeutung sind. Dieser Aufwand
ist unserer Erfahrung nach nur dann nachhaltig vermittelbar, wenn für
die einzelne Vernehmungsperson erkennbar wird, dass ihre mühsame Arbeit
für das spätere Gerichtsverfahren zwingend erforderlich ist.
Dazu muss man auch das Standardverfahren zur Glaubhaftigkeitseinschätzung
vor Gericht, die merkmalsorientierte Aussageanalyse, in Grundzügen
erklären.
    Bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit von Aussagen
sollte man sich immer fragen: Könnte dieser Zeuge mit seinen gegebenen
individuellen Voraussetzungen unter den gegebenen Befragungsumständen
unter Berücksichtigung der im konkreten Fall möglichen Einflüsse
von Dritten diese spezifische Aussage machen, ohne dass sie auf einem realen
Erlebnishintergrund basiert? Die mit diesem Vorgehen einhergehende systematische
[>10] Suche: nach Alternativhypothesen gegenüber einer schlichten
Wahrheitsannahme von Aussagen entspricht wissenschaftlichen und juristischen
Prinzipien [FN2].
    Polizeibeamte und Staatsanwälte gehen ähnlich
vor und nutzen bei Ermittlungen neben Vernehmungen komplexe Verfahren und
Informationen aus vielen Bereichen, um sich ein Urteil über wahr/unwahr
zu bilden. Bei Gewaltverbrechen umfassen die Spurenordner oft sehr viele
Einzelspuren, die letztlich hypothesengeleitet bearbeitet werden. Für
einen einzelnen Verdächtigen werden dazu beispielsweise Personalbeweise
wie ein Alibi oder Sachbeweise wie DNA-Spuren herangezogen. Man falsifiziert
auf diese Weise bei allen Verdächtigen in letzter Konsequenz die Unwahrheitshypothese
solange, bis man den möglichen Täter gefunden hat, bei dem alle
Indizien für seine Täterschaft sprechen.
    Man muss anerkennen, dass Polizeibeamte vor Ort
immer eine konkrete Entscheidung über den weiteren Gang des Ermittlungsverfahrens
treffen müssen, beispielsweise über die Überprüfung
verschiedener Tatverdächtiger, die Ausführlichkeit von Vernehmungen
und die Priorisierung verschiedener Ermittlungsansätze. Solche Entscheidungen
vor Ort werden in jedem Fall getroffen, sofern die Datenlage nicht mehr
hergibt, auch unter Unsicherheit. Vor diesem Hintergrund wurde der Leitfaden
verfasst. Zur Reduzierung von Unsicherheiten in Vernehmungen vor Ort.
    ..."
FN2: Steller 1998,
14.
(Steller, Max (1998). Aussagepsychologie vor Gericht
– Methodik und Probleme von Glaubwürdigkeitsgutachten mit Hinweisen
auf die Wormser Mißbrauchsprozesse. Recht & Psychiatrie 16,1,
11–18.)
"7.4 Methodisches Vorgehen bei der Glaubhaftigkeitsprüfung
Man geht zunächst davon aus, dass die aussagende Person die Unwahrheit sagt (sog. Nullhypothese).
Man geht von der Unwahrheit [FN3] aus, wenn die
Trifft keine dieser Hypothesen zu, so gilt die Alternativhypothese,
dass es sich um eine wahre Aussage handelt. Diese Wahrheitshypothese
besagt, dass sich die Aussageperson bei ihrer Aussage auf tatsächliches
Erleben stützt."
Kritische Anmerkung
zur Methodik des Hypothesenausschlusses: Die Grundlinie des hypothesengeleiteten
Vorgehens ist zwar sinnvoll und richtig, aber es gibt  z.B. in sexuellen
Missbrauchsfällen deutlich mehr Hypothesen. Das eigentlich problematische
sind aber die zwei unrealistischen Annahmen im BGH-Schluss-System, nämlich
dass (1) der Hypothesenraum vollständig bekannt ist
und man daher eine Hypothese nach der anderen ausschließen kann.,
so dass die zuletzt übrig gebliebende die richtige sein muss. Es kann
immer etwas übersehen oder nicht bedacht worden sein, so dass der
Regelfall eher der ist, dass der Hypothesenraum nicht vollständig
erfassbar ist. Ein streng wissenschaftlicher Ansatz muss praktisch eine
Rest- und Auffangkategorie „Sonstige, hier nicht bekannte Faktoren“, vorsehen,
die man nach Ausschluss aller anderen Nullhypothesen nicht los wird, so
dass bei strenger Betrachtung am Ende eines erfolgreichen Hypothesenprüfungsprozesses
immer zwei Hypothesen übrig bleiben: die Alternativhypothese in der
Sprache des BGH und die Rest- und Auffangkategorie. (2) ist es in den meisten
Fällen so, dass es eine Reihe von Gründen gibt, die für
die Nullhypothesen N1, N2, ...., Nn oder für die Alternativhypothese
A sprechen, ebenso gibt es in aller Regel eine Reihe von Gründen,
die gegen die Nullhypothesen N1, N2, ..., Nn, oder gegen die Alternativhypothese
A sprechen, so dass meist ein komplexes und schwieriges Für und Wider
vorliegt, das kritisch zu erörtern und abzuwägen ist. Die meisten
JuristInnen (Beispiel
Einsichtsfähigkeit) neigen, wie auch die meisten MathematikerInnen,
zu einer vereinfachenden zweiwerten Logik mit stets gültigem tertium
non datur und meinen - meist implizit und nicht explizit klar ausgesprochen
- dass entweder das Eine oder sein Gegenteil gelten muss (indirekter
Beweis, der aber keineswegs immer anwendbar ist). Sehr oft fehlen Informationen
und manches ist dann nicht zu entscheiden, so dass in der Kriminologie
auch das "nicht
feststellbar", bzw. nicht hinreichend sicher "feststellbar" berücksichtigt
werden sollte.
 
| Suchen in der IP-GIPT,
z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff>
site: www.sgipt.org
 Buchpräsentation site: www.sgipt.org.  | 
korrigiert: irs 08.04.12