Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie
    (ISSN 1430-6972)
    IP-GIPTDAS=14.08.2018 Internet-Erstausgabe, letzte Änderung: 15.08.18
    Impressum: Diplom-Psychologe  Dr. phil. Rudolf Sponsel  Stubenlohstr. 20 D-91052 Erlangen
    E-Mail: sekretariat@sgipt.org  _ Zitierung  &  Copyright
    Anfang
    _Grundbegriffe Humes _Überblick__Rel. Beständiges _Titelblatt_ Konzept_ Archiv_ Region_ English contents__ Service_iec-verlag__Dienstleistungs-Info * _ Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen

    Willkommen in unserer Internet-Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Abteilung Allgemeine Psychologie, Bereich ..., und hier speziell zum Thema:

    Seelen-, Bewusstseins- Vorstellungs- und Eindrucksbegriff bei Hume

    Originalarbeit von Rudolf Sponsel, Erlangen

    Zusammenfassung - Abstrakt -Summary
    Alles, was sich im Bewusstsein findet, nennt Hume "Vorstellungen" (mittelbares Erleben) oder "Eindrücke" (unmittelbares Erleben), während in der heutigen Psychologie Vorstellungen aus dem Gedächtnis abgerufene Wahrnehmungen "sind". Die Vorstellungen und Eindrücke bei Hume entsprechen unserem heutigen Begriff des Erlebens, dem Grundbegriff der Bewusstseinsvorgänge. Mittelbare Erlebnisse, die Vorstellungen, unterscheiden sich im wesentlichen von den unmittelbaren Erlebnissen, den von Hume sog. "Eindrücken", durch ihre "Kraft und Lebenhaftigkeit", was unter Normalbedingungen im Regelfall stimmt, wenn man von seltenen  EidetikerInnen  und Krankheiten (z.B. Hineinsteigern, Katastrophieren; Halluzinationen) absieht.

    In seinem Hauptwerk Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand beginnt er seine Ausführungen in Abtheilung II. [Fundstellen]
     
    "Ueber den Ursprung der Vorstellungen.
    Jedermann wird einräumen, dass ein erheblicher Unterschied zwischen den Vorstellungen der Seele besteht, je nachdem man den [1] Schmerz einer ausserordentlichen Hitze oder das [2] Vergnügen einer mässigen Wärme fühlt, oder je nachdem man diese [3] Empfindung nur nachher in das Gedächtniss zurückruft oder im [4] Voraus sich vorstellt. Diese Vermögen können die Wahrnehmungen der Sinne nachahmen oder abbilden, aber sie können [5] niemals die ganze Kraft und Lebhaftigkeit der ursprünglichen Empfindung erreichen. Das[17] Höchste, was selbst bei ihrer stärksten Aeusserung man von ihnen sagen kann, ist, dass sie ihren Gegenstand in so lebhafter Weise darbieten, dass man beinahe meint, ihn zu fühlen oder zu sehen. Aber niemals können sie, Fälle der Geistesstörung durch Krankheit oder Irrsinn abgerechnet, einen solchen Grad von Lebhaftigkeit annehmen, dass man diese Vorstellungen nicht von einander zu unterscheiden vermöchte. Der Dichter kann selbst mit den glänzendsten Farben seiner Kunst einen Naturgegenstand nicht so ausmalen, dass man seine Beschreibung für eine wirkliche Landschaft hält. Der lebhafteste Gedanke erreicht hier die dunkelste Empfindung nicht.
         Ein gleicher Unterschied zieht sich durch alle anderen Vorstellungen der Seele. Ein Mensch, der von [6] Zorn ergriffen ist, benimmt sich ganz anders, als der, welcher nur an einen solchen [7] Affekt denkt. Wenn man mir sagt, dass Jemand [8] verliebt ist, so verstehe ich es leicht und bilde mir eine richtige Vorstellung von seinem Zustande; aber ich kann niemals diese Vorstellung mit den [9] wirklichen Neigungen und Aufregungen dieser Leidenschaft verwechseln. [10] Denkt man an vergangene Empfindungen und Erregungen, so ist das Denken ein treuer Spiegel, der seinen Gegenstand [11] genau wiedergiebt; aber die benutzten Farben sind blass und matt in Vergleich zu denen, in welche die ursprünglichen Empfindungen gekleidet waren. Es bedarf keines Scharfsinns und keines metaphysischen Geistes, um den Unterschied zwischen beiden anzugeben.
        Man kann deshalb alle Vorstellungen der Seele in [12] zwei Klassen oder Arten theilen, die sich durch den verschiedenen Grad von Stärke und Lebhaftigkeit unterscheiden. [13] Die wenigst starken und lebhaften nennt man gewöhnlich Gedanken oder Vorstellungen. [14] Für die andere Art hat die englische wie die meisten anderen Sprachen kein Wort; wahrscheinlich, weil, von philosophischen Zwecken abgesehen, das Bedürfniss fehlte, sie unter einem allgemeinen Ausdruck oder Namen zu befassen. Ich nehme mir die Freiheit, sie Eindrücke zu nennen, indem ich dies Wort in einem von dem gewöhnlichen etwas abweichenden Sinne gebrauche. Mit dem Worte Eindruck meine ich also alle unsere lebhaften Zustände, wenn wir [15] hören oder [16]  sehen oder [17] fühlen, oder [18]  hassen oder [19] wünschen oder [20] wollen. Die Eindrücke bilden den [21] Gegensatz zu den Vorstellungen, welche jene weniger (>18) lebhaften Zustände bezeichnen, deren man sich bewusst ist, wenn man an eines jener obigen Gefühle oder Erregungen zurückdenkt.
       Nichts erscheint auf den ersten Blick so [22] schrankenlos, als das menschliche Denken; es [23] entzieht sich nicht allein aller menschlichen Macht und Autorität, sondern [24] überschreitet auch die Grenzen der Natur und der Wirklichkeit. Ungeheuer zu bilden und widerstreitende Gestalten und Erscheinungen zu verbinden, kostet der [25] Einbildungskraft nicht mehr Mühe, als die Vorstellung des natürlichsten und bekanntesten Gegenstandes. Während der Körper auf einem Planeten beschränkt ist, auf dem er mühsam und schwerfällig herumkriecht, kann das [26] Denken uns in einem Augenblick in die entferntesten Gegenden des Weltalls tragen; ja selbst darüber hinaus in das grenzenlose Chaos, wo die Natur in gänzlicher Verwirrung liegen soll. [27] Was man nie gesehen oder gehört, kann man sich doch vorstellen; [28] kein Ding ist der Macht der Gedanken entzogen, mit Ausnahme dessen, was einen unbedingten Widerspruch einschliesst."
    _ Kommentar

    [1] Vorstellung Schmerz einer ausserordentlichen Hitze
    [2] Vorstellung Vergnügen einer mässigen Wärme
    [3] Vorstellung Empfindung aus dem Gedächtnis
    [4] Vorstellung Empfindung (im voraus sich vorstellen)
    [5] Vorstellungen könnten niemals die Kraft und Lebendigkeit der ursprünglichen Empfindung erreichen [RS: das geht bei EidetikerInnen, bei Krankheit oder Irrsinn sieht Hume die Ausnahme, aber unter Normalbedingungen und im Regelfall nicht] 
    [6] von Affekt (Zorn) ergriffen
    [7] Vorstellung an einen Affekt (Zorn) nur denken 
    [8] Vorstellung Leidenschaft (verliebt)
    [9] Unterschied Vorstellung und reales Erleben (Beispiel verliebt)
    [10] Denken = erinnern ("Denkt man an vergangene Empfindungen und Erregungen")
    [11] Die Behauptung der "genauen Wiedergabe" aus der Erinnerung ist mehr als zweifelhaft.
    [12] Zwei Klassen von Vorstellungen, die sich durch den verschiedenen Grad von Stärke und Lebhaftigkeit unterscheiden.
    [13] a) Vorstellungen als Gedanken oder Vorstellungen, die am wenigsten starken und lebhaften. b) Vorstellung wird einmal als Grundbegriff für die Bewusstseinsvorgänge verwendet, c) dann hier auch Klassenbegriff  und d) als Bewusstseinselement wie Gedanke. Das ist kein guter philosophischer Stil. 
    [14] Für die zweite Klasse des unmittelbaren Erlebens führt Hume das Wort "Eindruck" ein. 
    [15] Eindruck hören
    [16] Eindruck sehen
    [17] Eindruck fühlen
    [18] hassen
    [19] wünschen
    [20] wollen
    [21] Gegensatz zwischen Vorstellungen und Eindrücken
    [22] Denken schrankenlos
    [23] Denken entzieht sich menschlicher Macht und Autorität
    [24] Denken überschreitet Natur und Wirklichkeit
    [25] Vorstellung Einbildungskraft
    [26] Denken kann uns in die entferntesten Gegenden des Weltalls tragen ja sogar ins grenzenlose Chaos
    [27] Vorstellen können, was man nie gesehen oder gehört hat
    [28] Nichts ist der Macht der Gedanken entzogen "mit Ausnahme dessen, was einen unbedingten Widerspruch einschliesst." Das ist insofern falsch, weil man natürlich auch Widersprüche denken kann, die Geistesgeschichte ist voll davon.
    _
    _
    _
    _
    _
    _
    _
    _
    _
    _
    _
    _
    _
    _
    _
    _
    _

    _
    _
    _
    _
    __
    _



    Literatur (Auswahl)
    David Hume (1748) Untersuchung in Betreff des menschlichen Verstandes. (An Enquiry Concerning Human Understanding). [Zeno.org]
     



    Links(Auswahl: beachte)



    Glossar, Anmerkungen und Endnoten:
    1) GIPT= General and Integrative Psychotherapy, internationale Bezeichnung für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
    ___


    Querverweise
    Standort: Grundbegriffe Humes.
    *
    Überblick Denken in der IP-GIPT.
    *
    Suchen in der IP-GIPT, z.B. mit Hilfe von "google": <suchbegriff> site: www.sgipt.org
    z.B. Inhaltsverzeichnis site: www.sgipt.org. 
    *
    Dienstleistungs-Info.
    *

    Zitierung
    Sponsel, Rudolf  (DAS). Seelen-, Bewusstseins- Vorstellungs- und Eindruckbegriff bei Hume. IP-GIPT. Erlangen: https://www.sgipt.org/gipt/allpsy/vorstell/Hume.htm

    Copyright & Nutzungsrechte
    Diese Seite darf von jeder/m in nicht-kommerziellen Verwertungen frei aber nur original bearbeitet und nicht  inhaltlich verändert und nur bei vollständiger Angabe der Zitierungs-Quelle benutzt werden. Das direkte, zugriffsaneignende Einbinden in fremde Seiten oder Rahmen ist nicht gestattet. Zitate und Links sind natürlich erwünscht. Sofern die Rechte anderer berührt sind, sind diese dort zu erkunden. Sollten wir die Rechte anderer unberechtigt genutzt haben, bitten wir um Mitteilung. Soweit es um (längere) Zitate aus  ...  geht, sind die Rechte bei/m ... zu erkunden oder eine Erlaubnis einzuholen.


    __Ende_Grundbegriffe Humes_Überblick__Rel. Beständiges _Titelblatt_ Konzept_ Archiv_ Region_ English contents__ Service_iec-verlag__Dienstleistungs-Info * Mail:sekretariat@sgipt.org_ _ Wichtige Hinweise zu Links und Empfehlungen

    korrigiert: 14.08.2018 irs



    Änderungen wird gelegentlich überarbeitet, ergänzt und vertieft * Anregungen und Kritik willkommen
    14..08.18    Anegelegt und erstmals ins Netz gestellt.