Forensisch-Psychopathologischer Kommentar
zum
Gesetz und Gesetzentwurf der bayerischen Staatsregierung über den Vollzug der Maßregeln der Besserung und Sicherung sowie der einstweiligen Unterbringung (Bayerisches Maßregelvollzugsgesetz – BayMRVG)
BayMRVG.pdf verabschiedet
8.7.2015, verkündet 17.7.2015, in Kraft ab 1.8.2015
Entwurf: Drucksache
17_4944.pdf.
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von Rudolf Sponsel, Erlangen
Gesetzes-Text
Art. 39 Ausfuehrung, Vorfuehrung, Ausantwortung
RS: Anmerkung: unverändert zum Entwurf. Art. 39
(1) Art. 21 gilt entsprechend. (2) Einstweilig untergebrachte Personen dürfen zur Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen befristet dem Gewahrsam einer Polizei-, Zoll- oder Finanzbehörde überlassen werden (Ausantwortung). (3) 1Vor Durchführung einer Ausführung oder
einer Ausantwortung ist dem Gericht und der Staatsanwaltschaft
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Begruendung
Art. 39 Ausfuehrung, Vorfuehrung, Ausantwortung
[S. 59]u
Zu Art. 39 Ausführung, Vorführung, Ausantwortung:
Zu Abs. 3
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RS-Kommentar
Art. 39
Sprachkritisch ist anzumerken, das man Hunde ausführt, Menschen aber Ausgang, begleitet oder unbegleitet gewährt. |
Stellungnahmen Art. 39 (Forensiken, Betroffene, Psychiatrie und Forensische Psychiatrie, Psychologie, Psychotherapie und Forensische Psychologie, Betroffenen-Organisationen, PflegerInnen, Verbände und Gruppen, RichterInnen & StaatsanwältInnen, Parteien, Persönlichkeiten, Medien u.a.m.). |
Anmerkung Ausantwortung
"Unter dem Begriff Ausantwortung versteht man das befristete Überlassen
eines Gefangenen oder eines Untersuchungshäftlings in den Gewahrsam
einer Polizei-, Finanz- oder Zollbehörde oder des Gerichts oder der
Staatsanwaltschaft, also die zeitweise Verlegung eines Gefangenen." [Wikipedia
Abruf 27.5.2015]
Gesetzes-Text
Art. 41 Geltung sonstiger Vorschriften
RS: Anmerkung: unverändert zum Entwurf. Art. 41
Unter Berücksichtigung des Ziels und der Grundsätze der einstweiligen
Unterbringung gelten entsprechend:
a) Die unter den Voraussetzungen des Art. 197 Abs. 5 Satz 1 BayStVollzG
zulässige Mitteilung besteht in der An- gabe, ob sich eine Person
in der Maßregelvollzugseinrichtung im Vollzug der einstweiligen Unterbringung
befindet
b) Bei einer nicht nur vorläufigen Einstellung des Verfahrens,
einer unanfechtbaren Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens,
einer rechtskräftigen Ablehnung eines Antrags gemäß §
413 StPO oder einem rechtskräftigen
c) Vor einer Auskunft oder Gewährung von Akteneinsicht nach Art. 33 Abs. 1 ist dem Gericht und der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Aenderungsantrag Art. 41 Buendnis 90/ Die Gruenen |
Begruendung
Art.
41 Geltung sonstiger Vorschriften [S. 59]u
Zu Art. 41 Geltung sonstiger Vorschriften:
Die weitgehende Verweisung der Nr. 1 bedeutet nicht, dass einstweilig untergebrachte Personen untergebrachten Personen gleichgesetzt würden, sondern ist allein dem Umstand geschuldet, dass sich in diesen Bereichen eine Vielzahl von in der Vollzugspraxis auftretenden Problemen im Vollzug der Maßregeln der Besserung und Sicherung in ähnlicher Weise stellen. Es liegt deshalb nahe, die Lösung dieser Probleme normativ in entsprechender Weise zu regeln. Alle in Bezug genommenen Normen haben das Ziel und die Grundsätze der einstweiligen Unterbringung (Art. 37), insbesondere die Unschuldsvermutung, hinreichend zu beachten. Die Anwendung der in Bezug genommenen Vorschriften setzt daher im Einzelfall stets voraus, dass diese dem Ziel und der Eigenart der einstweiligen Unterbringung nicht entgegenstehen. Nr. 2 unterstreicht das Recht der einstweilig untergebrachten Personen auf eine effektive Verteidigung, das während der gesamten Zeit der Unterbringung und bei sämtlichen in diesem Zusammenhang zu treffenden Beschränkungen zu beachten ist. Nach Nr. 3 gilt Art. 6 mit der Maßgabe, dass sich die Behandlung auf die Erkrankung bezieht, die Anlass für die einstweilige Unterbringung ist. Nr. 3 unterscheidet sich grundlegend von der Ausgestaltung der Behandlungen zur Erreichung der Ziele der Unterbringung gemäß Art. 6. Im Gegensatz zum Vollzug der Maßregeln der Besserung und Sicherung ist es ausschließliches Ziel der einstweiligen Unterbringung, die Allgemeinheit vor der Begehung weiterer Straftaten zu schützen. Es besteht kein Auftrag, die einstweilig untergebrachten Personen zu heilen oder ihren Ge- sundheitszustand zu verbessern. Entsprechende Maßnahmen sind grundsätzlich unzulässig und nur in Ausnahmefäl- len nach Maßgabe des Art. 6 Abs. 2 bis 4 möglich. Nr. 3 stellt vielmehr klar, dass die einstweilig untergebrachte Person wegen einer Erkrankung, die Anlass für die Anordnung der einstweiligen Unterbringung war, einen An- spruch auf die nach den anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst gebotene Behandlung [>60] hat. Ob sie diesen wahrnimmt, obliegt allein ihrer Entscheidung. Obwohl noch kein rechtskräftiges Urteil vorliegt und daher die Not- wendigkeit einer Behandlung der einstweilig untergebrachten Person noch nicht (rechtskräftig) feststeht, ist zu kon- statieren, dass sich die einstweilige Unterbringung über einen längeren Zeitraum erstrecken kann und aufgrund der Annahme des die einstweilige Unterbringung anordnenden Gerichts erfolgt, dass eine Krankheit im Sinne des § 63 oder § 64 StGB vorliegt. Liegt auch nach Einschätzung der Maßregelvollzugseinrichtung eine Krankheit im Sinne der § 63 oder § 64 StGB zweifelsfrei vor, muss aus diesen Gründen die Möglichkeit einer Behandlung der einst- weilig untergebrachten Personen aus Anlass der einstweiligen Unterbringung auch gegen ihren Willen in sehr engen Grenzen Anerkennung finden. Deshalb finden die Regelungen des Art. 6 Abs. 2 bis 6 entsprechende Anwendung. Nach Nr. 4 gilt Art. 10 entsprechend mit der Maßgabe, dass der
einstweilig untergebrachten Person eine Arbeit oder eine Beschäftigung
lediglich anzubieten ist. Die einstweilig untergebrachte Person hat das
Recht, einer Arbeit oder Beschäftigung nachzugehen. Eine Schlechterstellung
gegenüber untergebrachten Personen wäre insoweit nicht zulässig.
Da die einstweilig untergebrachte Person in keiner Form verpflichtet ist,
einer Arbeit oder Beschäftigung nachzugehen und zu behandeln ist,
als hätte sie die ihr zu Last gelegte rechtswidrige Tat nicht begangen
und als würde eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus
oder einer Entziehungsanstalt nicht angeordnet
Nach Nr. 5 gilt Art. 22 entsprechend mit den Maßgaben, dass Disziplinarmaßnahmen
auch bei schuldhaften
Für die Regelung der 1. Maßgabe besteht auch eine Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers, da die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen bei solchen Verstößen nicht unmittelbar der Sicherung des Verfahrens dient, sondern vielmehr der Aufrechterhaltung der Ordnung in der Maßregelvollzugseinrichtung. Der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen steht auch die Unschuldsvermutung nicht entgegen. Voraussetzung ist stets ein (nachgewiesener) schuldhafter Verstoß gegen Verhaltensvorschriften im Vollzug der einstweiligen Unterbringung. Die 2. Maßgabe konkretisiert das Gebot der Rücksichtnahme
auf das Verteidigungsinteresse der einstweilig
Nr. 6 Buchst. a beschränkt zum Schutz der einstweilig untergebrachten Personen nach § 126a StPO die zulässige Mitteilung an öffentliche und nichtöffentliche Stellen auf die Mitteilung der Tatsache des Vollzugs der einstweiligen Unterbringung und der voraussichtlichen Entlassungsadresse. Infolge der Unschuldsvermutung scheidet eine Mitteilung nach Art. 197 Abs. 5 Satz 2 BayStVollzG an – in diesem Stadium des Ermittlungsverfahrens nur potenziell – Verletzte aus. Nr. 6 Buchst. b stellt sicher, dass einstweilig untergebrachte Personen nach § 126a StPO, gegen die kein auf Schuldspruch lautendes Urteil ergeht oder bei denen keine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt angeordnet wird, in Erfüllung ihres berechtigten Rehabilitierungsinteresses verlangen können, dass Dritte, denen ihre einstweilige Unterbringung nach Art. 197 Abs. 5 Satz 1 BayStVollzG mitgeteilt wurde, auch von dem für die einstweilig untergebrachten Personen positiven Verfahrensausgang zu unterrichten sind. Das Erfordernis, dass nach Nr. 6 Buchst. c vor einer Auskunft oder Akteneinsicht
an den Betroffenen dem Gericht und der Staatsanwaltschaft Gelegenheit zur
Stellungnahme zu geben ist, gewährleistet, dass gegebenenfalls erforder-
liche verfahrenssichernde Anordnungen getroffen werden können, zumal
der Inhalt der Akten in der Regel jedenfalls teilweise das Strafverfahren
unmittelbar betrifft. Gegebenenfalls kann dann die Maßregelvollzugseinrichtung
zur Auf- rechterhaltung der Sicherheit oder Abwendung einer nicht unerheblichen
Störung des geordneten Zusammenlebens in der Maßregelvollzugseinrichtung
oder zur von Anordnungen nach § 126a Abs. 2 in Verbindung mit §
119 StPO Auskunft oder Akteneinsicht zur Erfüllung der verfahrenssichernden
Anordnung verweigern.
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RS-Kommentar Art. 41 |
Stellungnahmen Art. 41 (Forensiken, Betroffene, Psychiatrie und Forensische Psychiatrie, Psychologie, Psychotherapie und Forensische Psychologie, Betroffenen-Organisationen, PflegerInnen, Verbände und Gruppen, RichterInnen & StaatsanwältInnen, Parteien, Persönlichkeiten, Medien u.a.m.). |
Querverweise Gesetze, Verordnungen, Entscheidungen
Glossar,
Anmerkungen und Endnoten.
1) GIPT=
General
and Integrative
Psychotherapy, internationale Bezeichnung
für Allgemeine und Integrative Psychotherapie.
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